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Gewerbeordnung

Die Gewerbeordnung GewO ist ein Gesetz, das die selbständig ausgeübten Gewerbe und den Zugang zu diesen regelt. Die Bestimmungen der Gewerbeordnung haben sowohl liberale als auch restriktive Züge.

Gewerbearten

Die Gewerbeordnung unterscheidet seit der Gewerbeordnungsnovelle 2002 drei Arten von Gewerben.

Freie Gewerbe

Für diese ist kein Befähigungsnachweis vorgeschrieben. Sie dürfen bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldungen des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden. Beispiele: Filmproduktion, Grafiker, Handelsgewerbe, Kanalräumer, Tankreiniger oder Werbeagentur.

Reglementierte Gewerbe

Bei reglementierten Gewerben muss bei der Gewerbeanmeldung der für dieses Gewerbe vorgeschriebene Befähigungsnachweis erbracht werden. Reglementierte Gewerbe, die in Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden können, sind in der Regel vom Befähigungsnachweis ausgenommen. Beispiele sind Fleischer, Unternehmensberater, Versicherungsagent, Schlosserei, Tischler oder Kosmetiker. Bei den reglementierten Gewerben gibt es sogenannte „Zuverlässigkeitsgewerbe“.

Diese dürfen erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen, die besondere Zuverlässigkeit feststellenden Bescheides ausgeübt werden. Beispiele sind Baumeister, Pyrotechnikunternehmen, Zimmermeister, Vermögensberater oder Waffenhändler. Ohne Zuverlässigkeitsprüfung sind dagegen zum Beispiel das Gastgewerbe oder der Drogist.

Teilgewerbe

Bei Teilgewerben handelt es sich um Tätigkeiten reglementierter Gewerbe, deren selbständige Ausführung auch von Personen erwartet werden kann, die die Befähigung dafür auf vereinfachte Art nachweisen zum Beispiel Lehrabschlussprüfung, Praxiszeiten.

Beispiele

Änderungsschneiderei, Nagelstudio, Autoverglasung, Fahrradtechnik oder Erdbau.

Voraussetzungen für die Erlangung einer Gewerbeberechtigung

Bei der gewerbsmäßigen Ausübung einer Tätigkeit, die der Gewerbeordnung unterliegt, muss eine Gewerbeberechtigung vorhanden sein. Die Berechtigung wird durch Gewerbeanmeldung erlangt, wenn die in der Gewerbeordnung festgelegten Voraussetzungen gegeben sind.

Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn eine Tätigkeit selbständig, regelmäßig und mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, durchgeführt wird. Als selbständig gilt jede Tätigkeit, die auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Selbständig handelt somit jeder, der das Unternehmerrisiko auch für Verluste oder unter anderem auch für den eigenen Verdienstausfall trägt.

Als „regelmäßig ausgeübt“ gilt eine Tätigkeit, wenn sie in bestimmten Zeitabständen wiederholt vorgenommen wird. Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßig, wenn nach den Umständen des Falles auf Wiederholungsabsicht geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Auch das Anbieten einer Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen gilt als Gewerbeausübung. Ertragserzielungsabsicht liegt vor, wenn die Absicht besteht, ein Entgelt zu erzielen, das die mit der Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Kosten übersteigt.

Werden tatsächlich Verluste erzielt, kann dennoch Ertragserzielungsabsicht vorliegen zum Beispiel in der Startphase eines Unternehmens. Grundbedingung für die Erlangung einer Gewerbeberechtigung ist das Vorliegen allgemeiner und besonderer Voraussetzungen für die Gewerbeausübung. Allgemeine Voraussetzungen bei Einzelunternehmern sind:

  •  Eigenberechtigung Vollendung des 18. Lebensjahres, keine Sachwalter Sachverwalterschaft
  •  Die Staatsbürgerschaft Staatsangehörigkeit zu einem Mitgliedstaat der Europäische Union EU oder eines anderen Vertragsstaates des Europäischer Wirtschaftsraum EWR oder Vorliegen eines fremdrechtlichen Aufenthaltsberechtigung Aufenthaltstitels Aufenthaltsberechtigung zur Ausübung des Gewerbes
  • Fehlen von Ausschlussgründen.

Für die reglementierten Gewerbe muss eine berufliche Berechtigung laut Gewerbeordnung bzw. Ingenieurgesetz vorliegen, das heißt, ein Befähigungsnachweis über eine einschlägige berufliche Vorbildung, also etwa ein Studium bzw. Fachhochschullehrgang, Diplom einer Berufsbildenden höheren Schule BHS oder eines vergleichbaren Lehrgangs wie Kolleg, Aufbaulehrgang, Meisterschule, oder Abschlussprüfung einer Berufsbildenden mittleren Schule BMS, Fachschule und Berufserfahrung. Allgemeine Voraussetzungen bei Gesellschaften sind:

  • Kein mangels Vermögens abgewiesener oder aufgehobener Insolvenzrecht Konkurs Versicherungsvermittlung auch Konkurseröffnung
  • Nichtvorliegen von Ausschlussgründen bei Personen mit maßgeblichem Einfluss auf den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft, wie zum Beispiel Komplementäre oder maßgeblich beteiligte Gesellschafter, Geschäftsführer usw.
  • Bestellung eines geeigneten gewerblichen Geschäftsführers

Träger von Gewerbeberechtigungen

  • Ein Gewerbe kann nur von Personen angemeldet werden, die nach der Gewerbeordnung als Träger von Gewerbeberechtigungen anerkannt sind. Dazu gehören:
  •  Einzelunternehmen natürliche Personen
  • eingetragene Personengesellschaften OG, KG
  • Kapitalgesellschaften GmbH, AG und sonstige juristische Personen wie Genossenschaften ren.Gen.mbH, reg.Gen.muH, Vereine, politische Parteien, Gebietskörperschaften Gemeinden, gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften, Kammern und andere Körperschaften des öffentlichen Rechtes zum Beispiel Sozialversicherungsträger.

Besondere Voraussetzungen bei reglementierten Gewerben

Hier müssen zusätzlich zu den Allgemeinen Voraussetzungen noch besondere Zugangsvoraussetzungen erfüllt werden. Der Befähigungsnachweis ist vom jeweils angemeldeten Gewerbe abhängig und kann durch Meisterprüfungs-, Schulabschluss- oder Dienstzeugnisse erbracht werden.

Ausschlussgründe

  • Die Ausschlussgründe sind in §13 GewO geregelt (http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bundesnormen/NOR40096301/NOR40096301.pdf §13 GewO, 18. Dezember 2009, PDF)
  •  Vorstrafen auch bedingte wegen betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungsgesetz oder organisierte Schwarzarbeit; bei Gastgewerben: Suchtgiftdelikte.
  • Vorstrafen auch bedingte wegen einer sonstigen strafbaren Handlung mit einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von über 3 Monaten oder einer Geldstrafe über 180 Tagessätzen, keine Bestrafung wegen bestimmter Finanzvergehen.
  •  Ein mangels Vermögens rechtskräftig abgewiesener Konkurs oder aufgehobener Konkurs bei Versicherungsvermittlung auch Konkurseröffnung, solange in der Insolvenzdatei ersichtlich 3 Jahre.

Arbeiten über die Grenzen

Herüberarbeiten nach Österreich ist das bloß vorübergehende und gelegentliche Ausführen bestellter gewerblicher Tätigkeiten durch Unternehmer, die weder Sitz noch Niederlassung in Österreich haben. Als gewerbliche Tätigkeit sind nur Dienstleistungen zu verstehen.

Voraussetzungen für das Herüberarbeiten nach Österreich

  • Der Europäischer Wirtschaftsraum EWR bzw. Schweizer Unternehmer muss nachweisen, dass er in seinem Niederlassungsstaat die Tätigkeit befugt ausübt und soweit es sich um Tätigkeiten reglementierter Gewerbe handelt:
  •  den Befähigungsnachweis der Gewerbeordnung erbringt und
  • mindestens ein Monat vor der erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit eine schriftliche Anzeige an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft erstattet. Nicht erforderlich ist für EWR-Unternehmer der Nachweis der inländischen Befähigung oder der Anerkennung der ausländischen Berufserfahrung durch den BMWA oder der Feststellung der individuellen Befähigung, wenn sie nachweisen, dass die Tätigkeit auch im Heimatstaat reglementiert ist. Ist dies nicht der Fall, ist nachzuweisen, dass eine reglementierte Ausbildung absolviert oder die Tätigkeit mindestens 2 Jahre lang innerhalb der letzten 10 Jahre ausgeübt wurde.

Unternehmer mit Sitz in oder Staatsangehörigkeit zu einem Drittstaat

  • Für Unternehmer mit Sitz in oder Staatsangehörigkeit zu einem Drittstaat gelten folgende Regelungen:
  • Unternehmer aus einem Drittstaat, der Mitgliedstaaten des Abkommens über die Errichtung der WTO Welthandelsorganisation ist: Diese sind derzeit nur berechtigt Geschäfte anzubahnen, dürfen aber weder eine Verkaufstätigkeit noch eine Dienstleistungstätigkeit in Österreich ausführen.
  • Ein Tätigwerden ist nur mittels inländischer Zweigniederlassung einer juristischen Person oder einer österreichischen Tochtergesellschaft möglich; dort dürfen lediglich Schlüsselkräfte beschäftigt werden.
  • Unternehmer aus Drittstaaten, die nicht Welthandelsorganisation-Mitgliedstaaten sind, bedürfen einer Gleichstellung mit Bescheid des Landeshauptmannes mit Staatsangehörigkeit beziehungsweise Gesellschaften eines WTO-Mitgliedstaates mit den für diese geltenden Beschränkungen.

Gewerbeausübung durch Ausländer mit Standort in Österreich

  • Die Ausübung eines Gewerbes ist für natürliche Personen nur möglich, wenn
  •  ein Staatsvertrag vorliegt, womit Österreichern im Herkunftsstaat des Ausländers das gleiche Recht eingeräumt wird oder
  •  ein rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zulässt, und
  •  nicht ausdrücklich die österreichische Staatsangehörigkeit für die Ausübung des Gewerbes festgelegt ist. Ausländische juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften müssen eine im Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassung nachweisen.

Staatenlose sowie nach der Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Flüchtlingskonvention anerkannte Flüchtlinge, dürfen Gewerbe nur dann ausüben, wenn sie sich fremdenrechtlich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten dürfen. Gleiches gilt für Asylbewerber Asylwerber und ausländische Studenten. Staatsangehörige von EU-/EWR-Vertragsstaaten genießen Visum Sichtvermerks und Niederlassungsfreiheit und dürfen Gewerbe wie Österreicher anmelden und ausüben. Letzteres gilt auch für Schweizer Bürger.

Anerkennung von Ausbildungsnachweisen

  • Wegen des unterschiedlichen Berufszugangs in den EU EWR-Vertragsstaaten wurden zur Vermeidung von Diskriminierungen folgende, den EG Richtlinien entsprechende Anerkennungen von Ausbildungsnachweisen in der Gewerbeordnung festgelegt:
  •  Anerkennung der in einem anderen Vertragsstaat erworbenen Berufserfahrung und Ausbildung gemäß der EWR-Anerkennungsverordnung
  •  Gleichhaltung der in einem anderen Vertragsstaat erworbenen Berufsqualifikation mit dem jeweiligen österreichische Befähigungsnachweis als Ergänzung zu den Anerkennungsregeln oder bei nicht durch die Anerkennungsverordnung erfassten Berufen.

Literatur

  • Christian Graf, Marian Paschke u. Rolf Stober Hg: ”Gewerberecht im Umbruch. Möglichkeiten und Grenzen einer Neuregelung.” Tagungsband des sechsten Hamburger Wirtschaftsrechtstags am 16./17. Juni 2003. Mit einem Beitrag über die Gewerberechtsreform in Österreich von Harald Stolzlechner
  •  Hermann Grabler, Harald Stolzlechner, Harald Wendl: ”Kommentar zur Gewo: Gewerbeordnung 1994 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 2002 samt wichtigen EU-Richtlinien und Durchführungsverordnungen” Springer Verlag Wien, 2003, ISBN 3211838686

Weblinks

  • http://portal.wko.at/wk/startseite_ch.wk?dstid=686&chid=7 Wirtschafts- und Gewerberecht Informationen der Wirtschaftskammer zum Teil nur für Mitglieder
  •  http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=420794&dstid=0 Weiterführende Infos zur Gewerbeanmeldung, Hrsg.: Wirtschaftskammern Österreichs
  • http://www.bmwfj.gv.at/Unternehmen/Gewerbe/Seiten/Gewerbeordnung.aspx Zusammenfassung der Gewerbeordnung auf der Seite des Bundesministeriums für Wirtschaft], http://www.bmwfj.gv.at/Unternehmen/Gewerbe/Documents/Liste%20reglementierte%20Unternehmenst%C3%A4tigkeiten.pdf mit einer Liste der reglementierten Gewerbe] und der http://www.bmwfj.gv.at/Unternehmen/Gewerbe/Documents/Liste%20freie%20Unternehmenst%C3%A4tigkeiten.pdf freien Gewerbe

Einzelnachweise

  • http://de.wikipedia.org/wiki/Gewerbeordnung_(%C3%96sterreich) 06.11.2014

Lizenzinformation zu diesem Artikel

Dieser Artikel basiert auf dem in den Quellen angeführten Wikipedia-Artikel, verfügbar unter der LizenzCC BY-SA 3.0“.

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