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Jugendstrafrecht

Ein “Delikt” begeht, wer fahrlässig oder bewusst gegen ein Gesetz verstößt und der Gesetzesverstoß zum Zeitpunkt der Übertretung mit Strafe bedroht ist.

Unter Deliktsfähigkeit versteht man die konkrete Fähigkeit, das Unerlaubte einer Handlung einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Jugendliche unter 14 Jahren sind nicht deliktsfähig, d.h. nicht strafbar. Sie können also keine Anzeige bekommen und nicht verurteilt werden. Das bedeutet aber nicht, dass nicht Erziehungsmaßnahmen gesetzt werden können, wie beispielsweise die Unterbringung in einer betreuten Wohngemeinschaft.

Unter 14 Jahren kann die Jugendliche/der Jugendliche in der Regel auch nicht zu Schadenersatz verpflichtet werden. Die Wiedergutmachung eines verursachten Schadens trifft die Eltern, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind.

Ab 14 Jahren werden Jugendliche strafrechtlich zur Verantwortung gezogen und sind schadenersatzpflichtig. Das Gericht ist verpflichtet, vor jeder Verurteilung einer Jugendlichen/eines Jugendlichen zu überprüfen, ob sie/er zum Zeitpunkt der Tat reif genug war, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Wird festgestellt, dass die Jugendliche/der Jugendliche nicht einsichtig war, so ist sie/er nicht deliktsfähig und daher nicht strafbar. Auch nicht strafbar sind Jugendliche zwischen 14  und 16 Jahren wenn sie ein Vergehen begehen, sie kein schweres Verschulden trifft und nicht aus besonderen Gründen die Anwendung des Jugendstrafrechts geboten ist, um die Jugendlichen von strafbaren Handlungen abzuhalten.

Die Strafrahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz sind in vielen Fällen niedriger als bei Erwachsenen. Jugendliche im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) sind Personen zwischen 14 und 18 Jahren. Im Wesentlichen gilt, dass das Höchstmaß von angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen für Jugendliche auf die Hälfte herabgesetzt wird und ein Mindestmaß entfällt. Auch das Höchstmaß von Geldstrafen wird auf die Hälfte herabgesetzt.

Seit 1. Jänner 2020 gelten für junge Erwachsene, das sind Personen zwischen 18 und 21 Jahren, die allgemeinen Strafandrohungen, wenn die Straftat mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren bedroht ist und der Täter eine der folgenden Taten begangen hat:

  • Eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben
  • Eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung
  • Eine strafbare Handlung nach dem 25. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen)
  • Eine strafbare Handlung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung
  • Das Anführen einer und die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung

Es darf in diesen Fällen für junge Erwachsene jedoch maximal eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren verhängt werden.

In allen anderen Fällen richtet sich das Mindestmaß der angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen grundsätzlich nach jenem bei Jugendlichen und es darf auf keine strengere Freiheitsstrafe als 15 Jahre erkannt werden.

 Achtung

Ist eine Gefährdung der persönlichen Entwicklung einer Unmündigen/eines Unmündigen, der/dem eine strafbare Handlung angelastet wird, zu erwarten, so hat das Pflegschaftsgericht zu prüfen, ob Verfügungen hinsichtlich der Obsorge erforderlich sind.

Wenn das Gericht feststellt, dass das Wohl einer Unmündigen/eines Unmündigen durch ihre/seine familiäre Situation gefährdet ist, hat es – wenn andere geeignete Verwandte nicht in Frage kommen – den Jugendwohlfahrtsträger mit der Obsorge (eventuell auch nur teilweise) zu betrauen. Dieser hat das Wohl des Kindes – je nach Lage des Falles – durch folgende Maßnahmen zu sichern:

  • Unterstützung der Erziehung (z.B. Beratung, therapeutische Hilfen), wobei das Kind im Haushalt seiner Familie bleibt
  • Volle Erziehung durch Unterbringung in einer Pflegefamilie, einer Wohngemeinschaft oder in einem Jugendheim

 Tipp

Nähere Informationen zu Rechten im Umgang mit der Polizei und mit dem Gericht, sowie zur Bedeutung einiger wichtiger Gesetze für Jugendliche, finden sich auf den Seiten der Taschenanwältin.

Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens

Für Jugendstrafsachen ist die Staatsanwaltschaft oder das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Beschuldigte/der Beschuldigte zur Zeit des Beginns des Strafverfahrens ihren/seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder hatte.

Für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die einer Straftat beschuldigt werden, muss zwingend eine Verteidigerin/ein Verteidiger in folgenden Fällen beigegeben werden:

  • im Verfahren vor den Landesgerichten für das gesamte Verfahren
  • im Verfahren vor den Bezirksgerichten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem zur Wahrung der Rechte der/des Jugendlichen, notwendig oder zweckmäßig ist, jedenfalls aber dann, wenn keine gesetzliche Vertreterin/kein gesetzlicher Vertreter der/dem Jugendlichen im Strafverfahren beistehen kann oder trotz ordnungsgemäßer Ladung keine gesetzliche Vertreterin/kein gesetzlicher Vertreter erschienen ist.

Wenn eine beschuldigte Jugendliche/ein beschuldigter Jugendlicher zwischen 14 und 18 Jahren das Recht hat, gehört zu werden oder bei Ermittlungen oder Beweisaufnahmen anwesend zu sein, steht dieses Recht auch der gesetzlichen Vertreterindem gesetzlichen Vertreter zu. Das gilt auch für die Akteneinsicht, außer die gesetzliche Vertreterin/der gesetzliche Vertreter ist verdächtig, sich an der Straftat beteiligt zu haben.

Bei angeklagten Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren ist die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung im Strafverfahren von Amts wegen oder auf Antrag auch auszuschließen, wenn das im Interesse der/des Jugendlichen geboten ist. Im Falle eines Ausschlusses können die gesetzliche Vertreterin/der gesetzliche Vertreter, die Erziehungsberechtigten, Bewährungshelferinnen/Bewährungshelfer und Vertreterinnen/Vertreter des Jugendwohlfahrtsträgers, der Jugendgerichtshilfe und Bewährungshilfe dennoch der Hauptverhandlung beiwohnen.

Bei Strafverfahren wegen einer strafbaren Handlung, die von Jugendlichen begangen wurde, müssen die eingesetzten Schöffen oder Geschworene eine berufliche Beziehung zu Jugendlichen haben (z.B. als Lehrerin/Lehrer, Erzieherin/Erzieher oder in der Jugendwohlfahrt gearbeitet haben). In jedem Geschworenengericht müssen daher vier im Lehrberuf, als Erzieherinnen/Erzieher oder in der öffentlichen oder privaten Jugendwohlfahrt oder Jugendbetreuung tätige oder tätig gewesene Personen als Geschworene eingesetzt werden. Jedem Schöffengericht muss eine solche Person angehören. Zudem müssen im Geschworenengericht mindestens zwei Geschworene, im Schöffengericht mindestens ein Schöffe dem Geschlecht der/des Angeklagten angehören.

Hinweis

Bei angeklagten Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren ist die gesetzliche Vertreterin/der gesetzliche Vertreter berechtigt, für die Jugendliche/den Jugendlichen, auch gegen deren/dessen Willen Einspruch gegen die Anklageschrift zu erheben und alle Rechtsmittel zu ergreifen, die das Gesetz der/dem Jugendlichen gewährt. Ist dem Gericht bekannt, dass die Pflege und Erziehung der/des Jugendlichen jemand anderem als der gesetzlichen Vertreterin/dem gesetzlichen Vertreter zukommt, steht das Recht auch dieser Person zu.

Die sozialen Dienste der Bundesländer, insbesondere das Amt für Jugend und Familie bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat, in Wien: die MA 11 (→ Stadt Wien)), bieten straffällig gewordenen Jugendlichen und ihren Familien eine breite Palette an beratender, unterstützender und therapeutischer Hilfe an.

 Tipp

Der Verein NEUSTART bietet straffällig gewordenen Jugendlichen Beratung, Betreuung, Krisenintervention, Konfliktbereinigung, Schadensgutmachung, Prävention und Straffälligenhilfe durch Unterstützung bei Bewährungshilfe, Haftentlassenenhilfe, Wohn- und Krisenhilfeeinrichtungen und Unterstützung bei außergerichtlichem Tatausgleich an.

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