Außergerichtlicher Ausgleich – Was bedeutet das bei einer Insolvenz oder einem Privatkonkurs?

Einleitung und Überblick

In Österreich wurde 1995 ein gerichtliches Schuldenregulierungsverfahren eingeführt, das durch einen außergerichtlichen Ausgleich ergänzt wird. Dieser dient dazu, sowohl private als auch geschäftliche Schuldner strukturiert aus ihrer finanziellen Krise zu führen, ohne die Notwendigkeit eines gerichtlichen Verfahrens.

In diesem Artikel beleuchten wir die Schlüsselaspekte des außergerichtlichen Ausgleichs im Kontext einer Privatinsolvenz und einer Unternehmensinsolvenz. Dabei werden auch wichtige Fragen wie die Dauer eines außergerichtlichen Ausgleichs, die Rechtskraft eines Vergleichs und was ein Schuldenbereinigungsplan ist, behandelt.

Kernpunkte im Überblick:

  • Der außergerichtliche Ausgleich ist eine vorgerichtliche Schuldenregulierungsmaßnahme.
  • Es handelt sich um eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern.
  • Alle Gläubiger müssen dem außergerichtlichen Ausgleich zustimmen.
  • Scheitert der außergerichtliche Ausgleich, folgt ein gerichtliches Insolvenz- oder Schuldenregulierungsverfahren.
  • Der außergerichtliche Ausgleich ermöglicht flexible Vereinbarungen über Quoten und Zahlungstermine.
  • Ein weiterer Vorteil ist die Vermeidung von Veröffentlichungen und Gerichtskosten.

Was ist ein außergerichtlicher Ausgleich?

Bevor ein gerichtliches Schuldenregulierungs- oder Insolvenzverfahren eingeleitet wird, sollte ein Versuch für einen außergerichtlichen Ausgleich unternommen werden, insbesondere wenn nicht genügend Vermögen für die Deckung der Verfahrenskosten vorhanden ist.

Der Schuldner sollte den Gläubigern einen angemessenen Schuldenbegleichungsvorschlag unterbreiten und ihnen eine Überlegungsfrist von mindestens sechs Wochen einräumen. Ziel ist es, den Schuldner wieder zahlungsfähig zu machen.

Ein außergerichtlicher Ausgleich gilt als gescheitert, wenn Gläubiger die Frist ungenutzt verstreichen lassen oder einzelne Gläubiger dem Vergleichsvorschlag nicht zustimmen.

Voraussetzungen und Herausforderungen

Für einen erfolgreichen außergerichtlichen Ausgleich ist die Zustimmung aller Gläubiger erforderlich. Daher ist diese Option besonders dann realistisch, wenn der Schuldner nur wenige Gläubiger hat.

Bei einer Vielzahl von Gläubigern oder wenn bestimmte Gläubiger, wie zum Beispiel Sozialversicherungen, gesetzlich nicht zustimmen dürfen, ist die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns hoch.

Personen mit hohen Schulden aus einer gescheiterten Selbstständigkeit, insbesondere bei der Sozialversicherungsanstalt, stehen vor dem Problem, dass diese Institution ihre Zustimmung oft verweigert, selbst wenn der außergerichtliche Ausgleich für sie vorteilhafter wäre.

In solchen Fällen kann direkt ein Antrag auf ein gerichtliches Schuldenregulierungsverfahren gestellt werden.

Elemente einer außergerichtlichen Ausgleichsvereinbarung

Sollte ein außergerichtlicher Ausgleich erfolgreich sein, ist es ratsam, eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Schuldner und den Gläubigern zu treffen. Diese sollte folgende Punkte enthalten:

  • Detaillierte Auflistung der Forderungen inklusive Kontonummern und Rechnungsnummern.
  • Angabe des gesamten Schuldenstands des Schuldners.
  • Übersicht aller Zinsen und sonstigen Kosten.
  • Festlegung der Höhe und Fälligkeit der Teilzahlungen.
  • Eine Verzichtserklärung bezüglich der Restschuld.
  • Eine Vereinbarung zur Einstellung aller weiteren Vollstreckungsmaßnahmen.

Die Realität eines Außergerichtlichen Ausgleichs bei Privatkonkurs und Unternehmensinsolvenz

Erfolgsaussichten bei Privatkonkurs

In der Praxis zeigt sich, dass ein außergerichtlicher Ausgleich bei einem Privatkonkurs eher selten erfolgreich ist. Dies liegt oft an der hohen Anzahl an Gläubigern, die sich nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen können.

Zudem gehen viele Gläubiger davon aus, dass sie durch ein gerichtliches Schuldenregulierungsverfahren besser gestellt werden könnten. Sie spekulieren darauf, dass sich die finanzielle Situation des Schuldners verbessern könnte, etwa durch eine neue Arbeitsstelle oder unerwartete Einnahmen wie eine Erbschaft.

Der Einfluss eines spezialisierten Rechtsanwalts

Die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen außergerichtlichen Ausgleichs steigt, wenn ein erfahrener Anwalt für Insolvenzrecht den Schuldner vertritt. Durch gezielte Verhandlungen kann der Anwalt den Gläubigern verdeutlichen, dass die im außergerichtlichen Ausgleich angebotene Quote vorteilhafter ist als die erwartete Quote in einem gerichtlichen Verfahren.

In der Praxis sind Gläubiger eher bereit, einem außergerichtlichen Ausgleich zuzustimmen, wenn sie dadurch mehr erhalten, als sie in einem gerichtlichen Verfahren erwarten können. Zudem fallen keine Verfahrenskosten an, sodass die gesamten Zahlungen des Schuldners direkt an die Gläubiger fließen. Dies ermöglicht oft eine schnellere und zuverlässigere Rückzahlung.

Außergerichtlicher Ausgleich bei Unternehmensinsolvenz

Für Unternehmen ist ein außergerichtlicher Ausgleich dann sinnvoll, wenn die finanziellen Schwierigkeiten auf behebbare Umstände zurückzuführen sind und das Unternehmen ansonsten gute Überlebenschancen hat.

Sollten die finanziellen Probleme jedoch über einen längeren Zeitraum entstanden sein, etwa durch dauerhaften Auftragsmangel oder hohe Fixkosten, bietet ein außergerichtlicher Ausgleich nur eine kurzfristige Lösung, ohne das grundlegende Problem zu beheben.

Auch für Unternehmen ist die Erfolgschance eines außergerichtlichen Ausgleichs gering, wenn viele Gläubiger beteiligt sind. Die notwendige Einstimmigkeit ist in solchen Fällen schwer zu erreichen.

Zudem muss das Unternehmen über ausreichende liquide Mittel verfügen, um die vereinbarten Quoten erfüllen zu können. Wenn bereits zahlreiche Versäumnisurteile vorliegen, wird die Einleitung eines gerichtlichen Konkursverfahrens kaum noch zu vermeiden sein.

Festlegung der Quote und Zahlungsfristen im Außergerichtlichen Ausgleich

Bestimmung der Quote

Im Rahmen eines außergerichtlichen Ausgleichs können die Quote und die Zahlungsfristen flexibel vereinbart werden. In der Praxis sind Gläubiger jedoch selten bereit, eine Quote unter 40% zu akzeptieren, da dies die Mindestquote in einem gerichtlichen Verfahren ist.

Es ist jedoch möglich, unterschiedlichen Gläubigern verschiedene Quoten anzubieten. In solchen Fällen muss der Schuldner den Gläubigern schlüssig erklären können, warum bestimmte Gläubiger weniger erhalten sollen. Sozialversicherungen spielen hier oft eine besondere Rolle, da sie gesetzlich nicht zu einer außergerichtlichen Einigung berechtigt sind. In solchen Fällen können jedoch Ratenzahlungen eine Option sein.

Realistische Einschätzung der eigenen Finanzlage

Jeder Schuldner sollte eine gründliche Analyse seiner finanziellen Situation durchführen, um zu ermitteln, welche Quote und welche Zahlungsfristen realistisch sind. Generell gilt: Je höher die angebotene Quote, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Gläubiger zustimmen.

Wichtiger Hinweis:

Ein realistischer und umsetzbarer Zahlungsplan ist entscheidend für den Erfolg eines außergerichtlichen Ausgleichs. Sollte der Schuldner den vereinbarten Zahlungsplan nicht einhalten können, werden die Schulden wieder in voller Höhe fällig.

Erfolgsbedingungen für einen Außergerichtlichen Ausgleich

Keine formalen Vorgaben, aber klare Spielregeln

Ein außergerichtlicher Ausgleich unterliegt zwar keinen formalen Anforderungen, es gibt jedoch einige grundlegende Regeln. Alle Gläubiger müssen in den Prozess einbezogen und über die jeweiligen Angebote informiert werden.

In einem erfolgreichen außergerichtlichen Ausgleich verzichten alle Gläubiger freiwillig auf einen Teil ihrer Forderungen. Der außergerichtliche Ausgleich gilt als erfolgreich abgeschlossen, wenn alle beteiligten Gläubiger dem vorgelegten Angebot zustimmen.

Unterschiede zwischen Außergerichtlichem Ausgleich und Gerichtlichem Insolvenzverfahren

Rechtliche und Finanzielle Aspekte

Ein außergerichtlicher Ausgleich ist eine privatrechtliche Vereinbarung, die ohne gerichtliche Beteiligung getroffen wird. Daher entfallen die üblichen Gerichts- und Verwaltungskosten. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass alle Gläubiger dem außergerichtlichen Ausgleich zustimmen müssen, während bei einem gerichtlichen Verfahren eine einfache Mehrheit ausreicht.

Diskretion und Mindestquoten

Ein weiterer Vorteil des außergerichtlichen Ausgleichs ist die Diskretion: Es erfolgt keine öffentliche Bekanntmachung einer Insolvenz. Zudem gibt es keine festgelegten Mindestquoten, die im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens vorgeschrieben wären. Die Quoten können zwischen dem Schuldner und den Gläubigern individuell ausgehandelt werden.

Vertrauensverlust bei Unternehmen

Für Unternehmen kann ein außergerichtlicher Ausgleich allerdings auch einen erheblichen Vertrauensverlust bedeuten, insbesondere im Hinblick auf Lieferbeziehungen. Oftmals sind Lieferanten nach einem solchen Ausgleich nur noch bereit, gegen Vorkasse zu liefern.

Die Rolle eines Spezialisierten Anwalts für Insolvenzrecht

Fachliche Unterstützung

Wenn Sie einen außergerichtlichen Ausgleich anstreben, ist die Beauftragung eines spezialisierten Anwalts für Insolvenzrecht dringend empfohlen. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann die komplexen Verhandlungen mit den Gläubigern führen und im Vorfeld einen realistischen und attraktiven Zahlungsplan mit dem Mandanten erarbeiten.

Abschluss und weiterführende Schritte

Bei einem erfolgreichen Abschluss des außergerichtlichen Ausgleichs kümmert sich der Anwalt um die schriftliche Fixierung der Vereinbarungen. Sollte ein außergerichtlicher Ausgleich trotz aller Anstrengungen nicht möglich sein, kann der Anwalt auch die Eröffnung eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens beantragen. Dabei wird er alle erforderlichen Unterlagen einreichen und Fristen einhalten, und er wird seinen Mandanten selbstverständlich auch vor Gericht kompetent vertreten.

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