Seit dem Jahr 1995 gibt es für überschuldete Privatpersonen (Nicht-Unternehmerinnen/Nicht-Unternehmer und ehemalige Unternehmerinnen/Unternehmer) die Möglichkeit, “Privatkonkurs” anzumelden.
Ziel dieses speziell auf Private zugeschnittenen Verfahrens ist es, der redlichen Schuldnerin/dem redlichen Schuldner die Möglichkeit für einen wirtschaftlichen Neubeginn zu geben. Insbesondere soll die Schuldnerin/der Schuldner eine realistische Chance erhalten, sich aus eigener Kraft unter höchstmöglicher Anstrengung aus ihrer/seiner finanziellen Notsituation zu befreien.
Die häufigsten Ursachen von Schulden sind:
- Schwierigkeiten im Umgang mit Geld
- Überschätzung der eigenen Finanzkraft
- niedriges Haushaltseinkommen
- Einkommensschwankungen
- bargeldloser Einkauf
- Bürgschaft
- geschickte Werbung
- unvorhergesehene Ereignisse (etwa Unfall, Krankheit, Tod der Partnerin/des Partners, Scheidung, Verlust des Arbeitsplatzes)
- Suchtverhalten, Kriminalität
- komplizierte, undurchsichtige Rechtslagen
Durch die verschiedenen Verfahrensvarianten des Privatkonkurses soll auch Privatpersonen die Möglichkeit gegeben werden, einen erdrückenden Schuldenberg abzubauen, um den Start in ein neues Leben zu erleichtern.
Die Entschuldung im Rahmen des Privatkonkurses wurde mit 1. November 2017 erleichtert.
Verhandlung über einen Zahlungsplan muss nicht mehr sein
Bisher mussten auch Personen, die kein pfändbares Einkommen hatten, versuchen, einen Zahlungsplan auszuhandeln. Dies ist mit 1. November 2017 nach den amtlichen Erläuterungen nicht mehr notwendig: Wenn die Schuldnerin/der Schuldner kein pfändbares Einkommen hat, können die Verhandlungen eines Zahlungsplans übersprungen werden. Dies gilt auch dann, wenn das Einkommen so gering ist, dass es das Existenzminimum nur knapp übersteigt. In diesen Fällen kann gleich ein Abschöpfungsverfahren eingeleitet werden.
Neuerungen im Abschöpfungsverfahren
Bisher mussten die Schuldnerinnen/Schuldner im Abschöpfungsverfahren binnen 7 Jahren zumindest 10 Prozent der Schulden begleichen können, um von ihren übrigen Schulden befreit zu werden. Wurde diese Quote von 10 Prozent nicht erreicht, war zwar eine Restschuldbefreiung nach Billigkeit möglich, allerdings erfassten die Billigkeitsgründe nicht alle Situationen, in denen die Schuldnerin/der Schuldner entschuldungswürdig war. Eine Restschuldbefreiung ist nun für alle Schuldnerinnen/Schuldner möglich, die sich an ihre Verpflichtungen halten.
Die Frist im Abschöpfungsverfahren wird mit 1. November 2017 von sieben auf fünf Jahre reduziert, um Menschen, die ein finanzielles Scheitern erlebt haben, eine Entschuldung zu erleichtern. Außerdem entfällt die Mindestquote zur Gänze. Die Schuldnerin/der Schuldner muss dem Gericht einmal jährlich Auskunft darüber erteilen, dass sie/er sich um eine Erwerbstätigkeit bemüht, wenn sie/er keinen Bezug hat oder dieser das Existenzminimum nicht übersteigt.
Übergangsregelung für Privatkonkurse, die vor dem 1. November 2017 eröffnet wurden
Abschöpfungsverfahren, die vor dem 1. November 2017 eröffnet wurden, laufen ab 1. November 2017 noch für maximal 5 Jahre, außer sie enden ohnehin schon regulär davor. Auch für diese Verfahren gibt es die Restschuldbefreiung ohne Mindestquote.
Aussetzung der Sperrfrist
Die Sperrfrist von 20 Jahren, innerhalb der nach dem Scheitern eines Abschöpfungsverfahrens die Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens nicht möglich war, gilt grundsätzlich weiterhin. Doch es gibt für alle, deren Restschuldbefreiung wegen der Mindestquote gescheitert ist, die Möglichkeit, ab sofort wieder einen Antrag auf Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens zu stellen.
Rechtsgrundlagen
- Insolvenzordnung (IO)
Quellen
- https://www.oesterreich.gv.at/themen/steuern_und_finanzen/privatkonkurs/Seite.830110.html, zuletzt abgerufen am 23.09.2020