Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts

Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sind der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof. Sie sind unabhängige Höchstgerichte mit Sitz in Wien, für das gesamte Bundesgebiet zuständig und organisatorisch eigenständig. Sie sind nicht Teil des Justizressorts. Ihre Aufgaben liegen im öffentlichen Recht. Sie entscheiden nicht über Zivil und Justizstrafsachen und stehen nicht über den ordentlichen Gerichten. Der Oberste Gerichtshof ist Höchstgericht in Zivil und Strafsachen.

Verfassungsrechtliche Grundlage und Stellung

Die Stellung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Bundes Verfassungsgesetz geregelt. Beide Gerichte sind unabhängig. Ihre Mitglieder werden nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben ernannt. Für den Verfassungsgerichtshof erfolgt die Ernennung durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag von Bundesregierung Nationalrat und Bundesrat. Für den Verwaltungsgerichtshof erfolgt die Ernennung durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung nach Anhörung eines Vorschlagskollegiums des Gerichtshofes. Weisungen an Richter bestehen nicht.

Verfassungsgerichtshof

Der Verfassungsgerichtshof wacht über die Einhaltung der Verfassung einschließlich der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte.

  • Normenkontrolle Prüfung und Aufhebung von Bundes und Landesgesetzen wegen Verfassungswidrigkeit sowie von Verordnungen wegen Gesetzwidrigkeit.
  • Beschwerde gegen Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte Entscheidung über Beschwerden wegen Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetze.
  • Kompetenzkonflikte und Zuständigkeitsfragen Entscheidung in Streitigkeiten über Zuständigkeiten zwischen obersten Organen sowie zwischen Bund und Ländern.
  • Wahl und Volksbegehren Prüfung und Anfechtung bestimmter Wahlen und Volksabstimmungen nach Maßgabe der Verfassung.

Der Verfassungsgerichtshof tagt in mehreren Sitzungsperioden pro Jahr. Er entscheidet durch Senate und in Plenarsitzungen. Die Verfahrensarten und Fristen ergeben sich aus der Verfassung und den Verfahrensgesetzen. Eine Kontrolle von Urteilen der ordentlichen Gerichte findet nicht statt. Ordentliche Gerichte können jedoch dem Verfassungsgerichtshof Gesetze zur Normenkontrolle vorlegen, wenn sie diese für verfassungswidrig halten.

Verwaltungsgerichtshof

Der Verwaltungsgerichtshof sichert die Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung mit Ausnahme der Verordnungsprüfung. Er entscheidet primär über Revisionen gegen Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte wegen Rechtswidrigkeit.

  • Kassatorische Zuständigkeit Aufhebung rechtswidriger Erkenntnisse von Verwaltungsgerichten und Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung oder Entscheidung in der Sache, soweit gesetzlich vorgesehen.
  • Leitentscheidungen Einheitliche Auslegung des Verwaltungsrechts durch höchstrichterliche Rechtsprechung.

Gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist je nach Beschwerdegrund entweder die Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Beide Rechtsmittel sind an formelle und materielle Voraussetzungen sowie an Fristen gebunden.

Abgrenzung zu den ordentlichen Gerichten

Die ordentlichen Gerichte entscheiden in Zivil und Strafsachen. Der Oberste Gerichtshof ist deren Höchstgericht. Entscheidungen der ordentlichen Gerichte unterliegen keiner Nachprüfung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. Berührt eine Zivil oder Strafsache die Verfassungsmäßigkeit einer anzuwendenden Norm, kann das entscheidende Gericht den Verfassungsgerichtshof anrufen.

Praxis Hinweise

  • Rechtsmittelwahl Gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte kommt die Revision an den Verwaltungsgerichtshof bei behaupteter Rechtswidrigkeit und die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bei behaupteter Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte in Betracht. Eine gleichzeitige Einbringung ist möglich, die Begründung muss die unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe beachten.
  • Fristen Die maßgeblichen Fristen sind gesetzlich festgelegt. Für die sichere Fristberechnung ist die jeweils anwendbare Vorschrift heranzuziehen. Wenn Fristfragen unklar sind, ist eine umgehende Rechtsprüfung angezeigt.
  • Normenkontrolle Parteien können in einem Verfahren Anträge an das Gericht stellen, eine Norm dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung vorzulegen. Ein Individualantrag an den Verfassungsgerichtshof ist nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen zulässig.

Quellen

Fachbücher und Kommentare

  • Mayer Heinz Kucsko Stadlmayer Gabriele Stöger Karl Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts vierzehnte Auflage MANZ Wien zweitausenddreiundzwanzig
  • Öhlinger Theo Eberhard Harald Verfassungsrecht dreizehnte Auflage Facultas Wien zweitausenddreiundzwanzig
  • Rill Bernd Schäffer Heinz Peter Bundes Verfassungsgesetz Kommentar LexisNexis Wien laufende Lieferung aktueller Stand
  • Korinek Karl Holoubek Michael Bundes Verfassungsgesetz Kommentar MANZ Wien laufende Lieferung aktueller Stand
Hinweis Die Darstellung folgt ausschließlich österreichischem Recht. Wo Detailfragen nur fallbezogen beantwortet werden können etwa bei Fristen oder Zulässigkeitsvoraussetzungen wurde bewusst allgemein formuliert. Wenn zu einer Einzelfrage keine hundertprozentig gesicherte Aussage möglich ist verweise ich auf die anzuwendenden Gesetzesbestimmungen und die veröffentlichten Informationen der beiden Gerichtshöfe.
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