Ein Versäumungsurteil kann von einer Prozessgegnerin/einem Prozessgegner beantragt werden, wenn die andere Partei eine aufgetragene Verfahrenshandlung (z.B. Erscheinen zu einer Tagsatzung, Erstattung der Klagebeantwortung) versäumt.
Das Versäumnisurteil ist nach dem Zivilprozessrecht also eine gerichtliche Entscheidung, die gegen eine Partei ergeht, die in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist oder die trotz Erscheinens nicht zur Sache verhandelt.
Ist nach dem Dafürhalten des Gerichts eine Partei unverschuldet am Erscheinen verhindert, so ist der Prozess von Amts wegen zu vertagen. Ein Versäumnisurteil kann auch im schriftlichen Vorverfahren erlassen werden, sofern der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft nicht rechtzeitig anzeigt.
Das Versäumnisurteil oder Säumnisurteil ist im Zivilprozessrecht eine gerichtliche Entscheidung, die gegen eine Partei ergeht, welche sich im Prozess säumig verhält. Säumig ist, wer zu einer mündlichen Verhandlung unentschuldigt nicht erscheint oder sich in einer streitigen Verhandlung nicht zur Sache einlässt. Liegt ein Fall der Säumnis vor, kann die nicht-säumige Partei vor Gericht den Erlass eines Versäumnisurteils beantragen und dadurch eine Entscheidung allein auf Grundlage des Klägervortrags erwirken.
Durch die Möglichkeit des Versäumnisurteils will der Gesetzgeber verhindern, dass Parteien den Prozess dadurch verzögern, dass sie Prozesshandlungen unterlassen. Somit dient das Urteil der Förderung der verfassungsrechtlich gebotenen Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes.
Hardfacts
- Säumnisfolge: Präklusionsprinzip
- besondere Säumnisfolgen
- nur beschränkte Säumnisfolgen bei Untersuchungsgrundsatz (vgl § 17 AußStG)
- „Säumnis“ und Mitwirkungspflicht der Parteien
- Partei hat sich nicht schriftlich oder mündlich in den Streit eingelassen
- Voraussetzung: ordnungsgemäße Zustellung!
- 1. Versäumung der Frist zur Klagebeantwortung im GH-Verfahren durch den Beklagten § 396 Abs 1 ZPO
- 2. Versäumung einer Tagsatzung vor Streiteinlassung durch mündliches Vorbringen im GH-Verfahren § 396 Abs 2 ZPO
- 3. Versäumung einer Tagsatzung vor Streiteinlassung durch mündliches Vorbringen im BG-Verfahren § 442 ZPO
- Antrag auf Fällung eines VUs
- kein Antrag oder weiters Vorbringen: Ruhen
Voraussetzungen des Versäumungsurteils
- → Säumnis
- → Antrag: Vorbringen der tätigen/erschienenen Partei ist für wahr zu halten
- → Prozessvoraussetzungen
- → keine unschlüssige Klage
- → § 402 ZPO (Ladung, Naturereignisse)
Rechtsbehelfe gegen das Versäumungsurteil
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim Versäumungsurteil
- → bei unvorhergesehenem oder unabwendbarem Ereignis
- → kein oder nur minderer Grad des Verschuldens
- → binnen 14 Tagen ab Wegfall des Hindernisses
- → Eventualmaxime
- → gleichzeitiges Nachholen der versäumten Handlung
- → Folge: Zurückversetzung in die Lage vor der Säumnis (uU sogar Durchbrechung der Rechtskraft!)
Widerspruch bei Versäumungsurteilen
- → nur gegen bestimmte Versäumungsurteile
- → keine Angabe von Gründen notwendig
- → binnen 14 Tagen ab Zustellung des VU
- → Inhalt einer Klagebeantwortung (auch im BG-Verfahren!)
- → hindert nicht Exekution zur Sicherstellung
- → Nachholen von präkludierten Einreden und Anträgen?
Berufung bei Versäumungsurteilen
- → wegen Nichtigkeit (§ 477 Abs 1 Z 4, 5 ZPO) oder wesentlichem Verfahrensmangel
- → insb wenn keine Säumnis vorlag (mangelhafte Zustellung)
Verhältnis der Rechtsbehelfe und Reihenfolge ihrer Erledigung
- → Kumulierung grds möglich
- → nach Reichweite des Rechtsschutzes
- → bei gleicher Reichweite der ökonomischste Rechtsbehelf
- Berufung
- Wiedereinsetzung
- Widerspruch
Auch ein negatives Versäumungsurteil löst Einmaligkeitswirkung aus
Die Rechtskraft eines negativen Versäumungsurteils bildet ein Prozesshindernis für eine neuerliche Klage mit einem identen Streitgegenstand.
Auch Versäumungsurteile sind Sachentscheidungen, die materiell rechtskräftig werden. Aus dem Gesetz ist nicht abzuleiten, dass nur positive Versäumungsurteile von der Einmaligkeitswirkung umfassen sind. Bei einem Versäumungsurteil bildet das tatsächliche Vorbringen der erschienenen Partei die Entscheidungsgrundlage, es ist „für wahr zu halten“. Der Entscheidung im Vorprozess lag mit dem Vorbringen des Beklagten ein maßgeblicher Sachverhalt zugrunde, sodass das dort ergangene negative Versäumungsurteil auch Einmaligkeitswirkung auslöst. Diese Ansicht findet in einer historischen Auslegung Deckung.
- Quelle: OGH | 4 Ob 185/16h | 26.09.2016 (Zum Volltext im RIS)
§ 396 ZPO
- (1) Erstattet der Beklagte die Klagebeantwortung nicht rechtzeitig, so ist auf Antrag des Klägers ein Versäumungsurteil zu fällen. Sein auf den Gegenstand des Rechtsstreites bezügliches tatsächliches Vorbringen ist für wahr zu halten, soweit es nicht durch die vorliegenden Beweise widerlegt wird, und auf dieser Grundlage über das Klagebegehren zu erkennen.
- (2) Bleibt eine der Parteien nach rechtzeitig erstatteter Klagebeantwortung oder nach rechtzeitigem Einspruch von einer Tagsatzung aus, bevor sie sich durch mündliches Vorbringen zur Hauptsache in den Streit eingelassen hat, so ist auf Antrag der erschienenen Partei ein Versäumungsurteil nach Abs. 1 zu fällen.
- (3) Hat aber der Beklagte eine noch wahrzunehmende Prozesseinrede erhoben, so kann ein Versäumungsurteil nicht vor ihrer Verwerfung gefällt werden.
- (4) Die Folgen der Versäumung (§ 144) treten von selbst ein. § 145 ist nicht anzuwenden.
Quellen
- http://de.wikipedia.org/wiki/Versäumnisurteil 27.06.2022
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