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Maßnahmenvollzug

Der Maßnahmenvollzug offiziell ”Mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen” bezeichnet mehrere vorbeugende, freiheitsentziehende Maßnahmen zur Unterbringung von gefährlichen Verbrechern sowie Tätern, die aufgrund mangelnder Schuldfähigkeit nicht verurteilt werden können.

Der Maßnahmenvollzug ist in weiten Teilen vergleichbar mit dem Maßregelvollzug im deutschen Strafrecht. Die Möglichkeit der Unterbringung im Maßnahmenvollzug wurde mit der Strafrechtsreform vom 1. Januar 1975 erstmals geschaffen und ist sowohl im Strafvollzugsgesetz als auch im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung Strafprozessordnung geregelt.

Zum Stichtag 1. Dezember 2006 wurden in ganz Österreich 725 Personen in einer Form des Maßnahmenvollzugs angehalten.

Allgemeines

Das Strafgesetzbuch kennt drei Arten des Maßnahmenvollzugs. Es sind dies der Maßnahmenvollzug gegen gefährliche Rückfallstäter § 23 Strafgesetzbuch StGB, gegen entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher § 22 StGB und gegen geistig abnorme Rechtsbrecher § 21 StGB. Die Anordnung des Maßnahmenvollzugs erfolgt zugleich mit der Urteilsverkündung. Im Gegensatz zur Strafhaft wird die Maßnahme nicht zeitlich begrenzt ausgesprochen und es besteht keine Aussicht auf eine Aussetzung zur Bewährung.

Das Gericht hat in der Folge zumindest einmal pro Jahr, bei entwöhnungsbedürftigen Rechtsbrechern alle 6 Monate, zu prüfen, ob eine weitere Anhaltung des Häftlings im Maßnahmenvollzug erforderlich ist. Die Zeit im Maßnahmenvollzug wird dem Verurteilten bei Unterbringung im Maßnahmenvollzug gegen geistesabnorme Rechtsbrecher sowie gegen entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher auf das eigentliche Strafmaß angerechnet. Maßnahmen gegen gefährliche Rückfallstäter werden erst nach Verbüßung der normalen Freiheitsstrafe vollzogen.

Arten des Maßnahmenvollzugs

Gefährliche Rückfallstäter

Die Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter soll die Untergebrachten davon abhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen, und ihnen zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepaßten Lebenseinstellung verhelfen.§ 171 Strafvollzugsgesetz

Als gefährliche Rückfallstäter werden Gewohnheitsverbrecher und Täter mit erhöhtem Sicherheitsrisiko bezeichnet. Die Maßnahme der Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter ist allein gegen die Gefährlichkeit des Verurteilten gerichtet und wird nach Verbüßung der eigentlichen Strafhaft vollzogen. Voraussetzung für eine Einweisung in den Maßnahmenvollzug ist in diesem Fall eine Verurteilung zu einer mindestens zweijährigen Haftstrafe sowie die Vollendung des 24. Lebensjahres.

Die Häftlinge dürfen maximal 10 Jahre im Maßnahmenvollzug gegen gefährliche Rückfallstäter angehalten werden. Gefährliche Rückfallstäter werden meistens in der Justizanstalt Sonnberg untergebracht. Diese Form der Maßnahme kann am ehesten mit der Sicherungsverwahrung im deutschen Strafrecht verglichen werden. Seit dem Erlass des Strafrechtsänderungsgesetzes aus dem Jahr 1987 kann diese Form der Maßnahmenunterbringung als Auslaufmodell bezeichnet werden.

Am 1. Dezember 2006 wurden lediglich zwei Personen im Maßnahmenvollzug gegen gefährliche Rückfallstäter angehalten. Somit kann de facto von „totem Recht“ gesprochen werden. Im Zweifelsfall wird eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, schlicht eine verlängerte Haftstrafe oder eine Strafschärfung bei Rückfall § 39 StGB über den Täter verhängt.

Entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher

“Die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher soll die Untergebrachten je nach ihrem Zustand vom Mißbrauch berauschender Mittel oder Suchtmittel entwöhnen, den Untergebrachten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepaßten Lebenseinstellung verhelfen und sie davon abhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen. § 168 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz” Im Gegensatz zu den anderen beiden Formen ist die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher auf einen Zeitraum von 2 Jahren begrenzt.

Eine Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug ist in diesem Fall auch möglich, wenn eine Fortsetzung der Behandlung aussichtslos erscheint. Normalerweise werden in Anstalten für den Maßnahmenvollzug an entwöhnungsbedürftigen Rechtsbrechern hauptsächlich Suchtgiftkranke eingewiesen, die größte solche Justizanstalt in Österreich ist die Justizanstalt Wien Favoriten, dort können gemäß § 159 Abs. 2 StVG auch entwöhnungsbedürftige Strafgefangene untergebracht werden. Prinzipiell kann die Maßnahme jedoch in nahezu jeder österreichischen Justizanstalt vollzogen werden.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine Entwöhnungsbehandlung, die auf gerichtlichen Zwang fußt in den meisten Fällen kaum Aussicht auf Erfolg hat. Daher werden nahezu 90 % aller Häftlinge im Maßnahmenvollzug gegen entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher unbedingt wegen Aussichtslosigkeit aus diesem entlassen und in den gewöhnlichen Strafvollzug rücküberstellt.

Normalerweise wird solchen Sträflingen nach § 68 StVG das Angebot einer freiwilligen Entwöhnungsbehandlung gemacht. Am 1. Dezember des Jahres 2006 wurden in den österreichischen Justizanstalten 14 Personen im Maßnahmenvollzug gegen entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher angehalten.

Geistig abnorme Rechtsbrecher

“Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher soll die Untergebrachten davon abhalten, unter dem Einfluß ihrer geistigen oder seelischen Abartigkeit mit Strafe bedrohte Handlungen zu begehen. Die Unterbringung soll den Zustand der Untergebrachten soweit bessern, daß von ihnen die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nicht mehr zu erwarten ist, und den Untergebrachten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepaßten Lebenseinstellung verhelfen.

§ 164 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz” Grundsätzlich kann unterschieden werden zwischen dem Maßnahmenvollzug gegen zurechnungsunfähige geistig abnorme Rechtsbrecher § 21 Abs 1 StGB und dem Maßnahmenvollzug gegen zurechnungsfähige geistig abnorme Rechtsbrecher § 21Abs 2 StGB.

Literatur

  • DDr. Maria A. Eder-Rieder: ”Die freiheitsentziehenden vorbeugenden Maßnahmen.” Manz Verlag, Wien 1985, ISBN 978-3-214-06025-1.

Weblinks

  • http://www.bmj.gv.at Website des Bundesministeriums für Justiz, zuständig für den Maßnahmenvollzug in ganz Österreich.
  • http://www.medical-tribune.at/dynasite.cfm?dssid=4171&dsmid=60013&dspaid=419953 Artikel zum Maßnahmenvollzug gegen geistig abnorme Rechtsbrecher] bei ”Medizin Medien Austria”.
  • http://www.ris2.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?QueryID=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002135&TabbedMenuSelection=BundesrechtTab Das Strafvollzugsgesetz im Rechtsinformationssystem der Republik Österreich.

Quellen & Einzelnachweise

  • http://de.wikipedia.org/wiki/Ma%C3%9Fnahmenvollzug 09.12.2014

Lizenzinformation zu diesem Artikel

Dieser Artikel basiert auf dem in den Quellen angeführten Wikipedia-Artikel, verfügbar unter der LizenzCC BY-SA 3.0“.

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