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Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung (ZPO) regelt “das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten” und stellt damit die zentrale Verfahrensordnung für gerichtliche Streitigkeiten über privatrechtliche Ansprüche dar.

Geschichte

Die Zivilprozessordnung trat nach Art. I Abs. 1 des Gesetzes vom 1. August 1895 betreffend die Einführung des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung), RGBl. 112/1895 (kurz Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung bzw. EGZPO, das neben Übergangsbestimmungen auch Bestimmungen für Börsenschiedsgerichte enthielt) am 1. Jänner 1898 in Kraft. Schöpfer dieses Gesetzes war der damalige Beamte im Justizministerium Franz Klein, das bis heute in Geltung ist und seither über 75-mal novelliert wurde. Auch nach dem „Anschluss Österreichs“ blieb in den ehemals österreichischen Gebieten die ZPO in Geltung.

Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sind grundsätzlich auch im Verfahren über Arbeits- und Sozialrechtssachen anzuwenden, so weit nicht im Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz etwas anderes angeordnet wird.

Da das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene neue Außerstreitgesetz eine umfassende eigene, den Bedürfnissen des Außerstreitverfahrens angepasste Regelung des Verfahrens enthält, sind im Verfahren außer Streitsachen die Bestimmungen der Zivilprozessordnung nicht schlechthin sinngemäß anzuwenden, sondern nur dort und in dem Umfang, in dem es das Außerstreitgesetz ausdrücklich anordnet, z. B. die Bestimmungen über die Prozessfähigkeit, subsidiär über Bevollmächtigten, über die Anleitungs- und Belehrungspflicht des Richters, die Aufnahme von Beweisen, die Berichtigung und Ergänzung von Beschlüssen, über Protokolle, Akten, Sitzungspolizei, Beleidigungen in Schriftsätzen, Strafen, über Fristen u.a.m.

Inhalt

Die Zivilprozessordnung regelt die Partei- und Prozessfähigkeit, die Stellung der Prozessparteien sowie Aufgaben und Befugnisse des Richters, die Grundsätze für Schriftsätze, Fristen und Tagsatzungen und Folgen der Säumnis, die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, den Gang der Verhandlung von der Klage bis zum Urteil sowie die Bestimmungen über Urteile und Beschlüsse, das Rechtsmittelverfahren sowie besondere Verfahrensarten.

Nicht in der Zivilprozessordnung, sondern im Gesetz vom 1. August 1895 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen (Jurisdiktionsnorm), RGBl. 111/1895, geregelt ist die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte in Zivilrechtssachen einschließlich des Instanzenzugs im Rechtsmittelverfahren sowie die Besetzung der Gerichte je nach Zuständigkeit.

Auch die Zwangsvollstreckung ist nicht in der Zivilprozessordnung, sondern im über das Exekutions- und Sicherungvserfahren (Exekutionsordnung), RGBl. 79/1896, geregelt.

Gliederung

  • Erster Teil. Allgemeine Bestimmungen
    • Erster Abschnitt. Parteien
      1. Prozessfähigkeit
      2. Streitgenossenschaft und Hauptintervention
      3. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit
      4. Bevollmächtigte
      5. Prozesskosten
      6. Sicherheitsleistung für Prozesskosten
      7. Verfahrenshilfe.
    • Zweiter Abschnitt. Verfahren
      1. Schriftsätze
      2. Zustellungen
      3. Fristen und Tagsatzungen
      4. Folgen der Versäumung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
      5. Unterbrechung und das Ruhen des Verfahrens.
    • Dritter Abschnitt. Mündliche Verhandlung
      1. Öffentlichkeit
      2. Vorträge der Parteien und Prozessleitung
      3. Sitzungspolizei
      4. Vergleiche
      5. Protokolle
      6. Akten
      7. Strafen
      8. Sonntagsruhe und verhandlungsfreie Zeit.
  • Zweiter Teil. Verfahren vor den Gerichtshöfen erster Instanz
    • Erster Abschnitt. Verfahren bis zum Urteil
      1. Klage, Klagebeantwortung, vorbereitendes Verfahren und Streitverhandlung
      2. Allgemeine Bestimmungen über den Beweis und die Beweisaufnahme
      3. Beweis durch Urkunden
      4. Beweis durch Zeugen
      5. Beweis durch Sachverständige
      6. Beweis durch Augenschein
      7. Beweis durch Vernehmung der Parteien
      8. Sicherung von Beweisen.
    • Zweiter Abschnitt. Urteile und Beschlüsse
      1. Urteile
      2. Beschlüsse
  • Dritter Teil. Verfahren vor den Bezirksgerichten
  • Vierter Teil. Rechtsmittel
    • Erster Abschnitt. Berufung
    • Zweiter Abschnitt. Revision
    • Dritter Abschnitt. Rekurs
  • Fünfter Teil. Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage
  • Sechster Teil. Besondere Arten des Verfahrens
    • Erster Abschnitt. Europäisches Bagatellverfahren
    • Zweiter Abschnitt. Verfahren in Wechselstreitigkeiten
    • Dritter Abschnitt. Verfahren bei Streitigkeiten aus dem Bestandvertrag
    • Vierter Abschnitt. Schiedsverfahren

Die Gerichte

Die Zivilgerichtsbarkeit wird von den ordentlichen (staatlichen) Gerichten ausgeübt. Das Gericht erster Instanz hat die Anträge der Parteien entgegenzunehmen, das Beweisverfahren durchzuführen und – falls es nicht zuvor aus anderen Gründen zur Beendigung des Verfahrens kommt – ein Urteil zu fällen. Die Entscheidungen des Gerichtes erster Instanz unterliegen der Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht und in einigen Fällen auch des Obersten Gerichtshofs (OGH).

Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des jeweiligen Erstgerichts ist nicht in der ZPO selbst geregelt, sondern in einem anderen Gesetz, der Jurisdiktionsnorm (JN). Die individuelle Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich aus zwei Komponenten:

1. örtliche Zuständigkeit
Das ist das Vorliegen eines örtlichen Anknüpfungspunktes für eine Rechtssache, die den Gerichtsstand begründet. Zu unterscheiden ist zwischen

  • dem allgemeinen Gerichtsstand (Sitz des Beklagten)
  • den ausschließlichen Gerichtsständen (die den allgemeinen Gerichtsstand ausschließen; z. B. Ort der Lage der Mietobjekts, der Pfandsache)
  • Wahlgerichtsstände (die der Kläger anstelle eines allgemeinen oder ausschließlichen Gerichtsstands wählen kann; z. B. Ort der Schadenszufügung, Ort der Vertragserfüllung)
  • Zwangsgerichtsständen (z. B. Verbandsklagen)

2. sachliche Zuständigkeit
Das ist das Vorliegen eines sachlichen Anknüpfungspunktes für eine Rechtssache (z. B. allgemeine Streitsachen, Handelssachen, Arbeits- und Sozialrechtssachen, Bestandsachen, Ehesachen)

Daneben sind manche Vereinbarungen der Parteien über Gerichtsstände zulässig.

Instanzenzug

Zur Entscheidung in erster Instanz können berufen sein:

1. Bezirksgerichte in Verfahren

  • mit Streitwerten bis € 10.000,–
  • in Rechtssachen, die ausdrücklich den Bezirksgerichten zugewiesen sind (z. B. Bestandsachen, Ehesachen, Besitzstörungen)

2. Landesgerichte in Verfahren

  • mit Streitwerten von mehr als € 10.000,–
  • in Rechtssachen, die ausdrücklich den Landesgerichten zugewiesen sind (z. B. Arbeits- und Sozialrechtssachen, Amtshaftungssachen)

Zur Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidungen der Bezirksgerichte sind die Landesgerichte, jener der Landesgerichte sind die Oberlandesgerichte berufen.

Sofern dann noch einen Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof zulässig ist, entscheidet dieser in dritter und jedenfalls letzter Instanz.

Weblinks

  • Text der Zivilprozessordnung
  • Österreichische Gesetzestexte im Rechtsinformationssystem des Bundes
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