Freier Dienstnehmer

Ein freier Dienstnehmer ist eine Person, die Dienstleistungen aufgrund eines freien Dienstvertrags erbringt, dabei aber nicht in der gleichen persönlichen Abhängigkeit steht wie ein Arbeitnehmer im klassischen Arbeitsverhältnis. Gleichzeitig ist die Tätigkeit typischerweise persönlich geprägt und wird oft mit einer laufenden Entlohnung erbracht. Rechtlich spielt diese Beschäftigungsform vor allem im Sozialversicherungsrecht eine zentrale Rolle.

Kennzeichen eines freien Dienstverhältnisses

  • Keine organisatorische Eingliederung wie bei klassischen Arbeitnehmern (zB kein fixer Platz im Betrieb als zwingendes Merkmal).
  • Keine oder nur eingeschränkte persönliche Abhängigkeit, insbesondere typischerweise keine umfassende Weisungsgebundenheit wie im Arbeitsverhältnis.
  • Relativ freie Gestaltung von Arbeitszeit, Arbeitsort und Ablauf (je nach Vertrag und tatsächlicher Durchführung).
  • Laufende Leistungserbringung statt einmaliger Erfolgsschuld.

Wichtig ist: Entscheidend ist nicht die Überschrift des Vertrags, sondern wie das Verhältnis tatsächlich gelebt wird. In der Praxis ist die Abgrenzung immer eine Einzelfallfrage.

Abgrenzung: Freier Dienstvertrag vs Werkvertrag

Der häufigste Abgrenzungspunkt ist der Werkvertrag. Grob gesagt:

  • Werkvertrag: Geschuldet ist ein bestimmter Erfolg (ein konkretes Werk). Entgelt typischerweise für das Ergebnis.
  • Freier Dienstvertrag: Geschuldet ist laufende Tätigkeit (Dienste). Entgelt häufig nach Zeit oder laufender Vereinbarung, nicht primär für einen konkreten Erfolg.

Typisch für freie Dienstverhältnisse ist außerdem, dass die Leistung im Wesentlichen persönlich erbracht wird. Eine Vertretung kann vertraglich möglich sein, muss aber zur tatsächlichen Ausgestaltung passen.

Steuern: Wie wird das Einkommen behandelt?

Freie Dienstnehmer versteuern ihr Einkommen grundsätzlich selbst. Je nach Ausgestaltung und Tätigkeit kommen insbesondere Einkommensteuer und gegebenenfalls Umsatzsteuer in Betracht. Welche Einkunftsart vorliegt und ob Umsatzsteuer anfällt, hängt vom konkreten Tätigkeitsbild ab (unter anderem von Unternehmereigenschaft, Art der Leistung, Kleinunternehmerregelung).

Sozialversicherung und typische Dienstgeberpflichten

Viele freie Dienstnehmer sind in der Sozialversicherung pflichtversichert, wenn sie als freie Dienstnehmer im Sinn des ASVG erfasst sind. In diesen Fällen werden Beiträge typischerweise über den Dienstgeber abgeführt, ähnlich wie bei klassischen Dienstverhältnissen.

Je nach Konstellation können auch weitere Dienstgeberpflichten relevant sein, etwa im Bereich der betrieblichen Vorsorge (Abfertigung neu) und der Absicherung bei Insolvenz des Dienstgebers. Ob und wie das im Einzelfall greift, hängt stark davon ab, ob das Verhältnis dem ASVG unterliegt und in welchem Rahmen die Tätigkeit erbracht wird.

Arbeitsrecht: Welche Schutzvorschriften gelten typischerweise nicht automatisch?

Freie Dienstnehmer sind arbeitsrechtlich oft nicht wie klassische Arbeitnehmer gestellt. Viele zentrale Schutzgesetze gelten daher nicht automatisch, etwa typische Regelungen zu Urlaub oder Arbeitszeit. Das kann (teilweise) über Vertrag oder künftig auch über Kollektivvertrag geregelt werden, aber es passiert nicht automatisch.

Stand ab 1.1.2026: Was gilt bei Kündigung, Kollektivvertrag und Dienstzettel?

Für bestimmte freie Dienstverhältnisse (insbesondere die im sozialversicherungsrechtlichen Sinn erfassten, sogenannte dienstnehmerähnliche freie Dienstnehmer) gelten ab 1.1.2026 wichtige arbeitsrechtliche Mindeststandards, vor allem bei Kündigung und bei der Möglichkeit, durch Kollektivvertrag Regeln festzulegen.

Kündigung: Mindestfristen und Kündigungstermine

Für neue, unbefristete freie Dienstverhältnisse dieser Kategorie gibt es ab 1.1.2026 gesetzliche Mindest-Kündigungsfristen und Kündigungstermine. Typisch sind:

  • 4 Wochen Kündigungsfrist in den ersten beiden Dienstjahren.
  • 6 Wochen Kündigungsfrist nach Vollendung von zwei Dienstjahren.
  • Kündigung mangels günstigerer Vereinbarung zum 15. oder zum Monatsletzten.
  • Ein Probemonat kann vereinbart werden, in dem eine Beendigung jederzeit möglich ist.

Wichtig: Vereinbarungen dürfen für den freien Dienstnehmer günstiger sein, aber die gesetzlichen Mindeststandards sollen nicht zu seinem Nachteil unterlaufen werden.

Kollektivvertrag: möglich, aber nicht automatisch

Kollektivverträge können ab 1.1.2026 auch freie Dienstnehmer dieser Kategorie erfassen. Das kann auf zwei Arten passieren:

  • durch eigene Kollektivverträge speziell für freie Dienstnehmer, oder
  • durch ausdrückliche Einbeziehung in bestehende Kollektivverträge.

Eine automatische Ausdehnung bestehender Kollektivverträge gibt es nicht.

Dienstzettel und schriftliche Informationen

Auch bei freien Dienstverhältnissen ist das Thema Dienstzettel bzw. schriftliche Information über die wesentlichen Vertragsbedingungen praxisrelevant. Für Dienstverhältnisse (und je nach Einordnung auch freie Dienstverhältnisse) bestehen erweiterte Informationspflichten, insbesondere zu Mindestinhalten und zur raschen schriftlichen Mitteilung von Änderungen.

Praxis-Tipp: Worauf in der Realität besonders geachtet wird

  • Lebenssachverhalt schlägt Vertragstext: Wenn die tägliche Zusammenarbeit wie ein Arbeitsverhältnis organisiert ist (fixe Zeiten, laufende Kontrolle, Eingliederung), steigt das Risiko einer Umqualifizierung.
  • Betriebsmittel und Auftreten nach außen: Wer mit wesentlichen eigenen Betriebsmitteln arbeitet und unternehmerisch auftritt, landet eher außerhalb der dienstnehmerähnlichen Kategorie.
  • Vertrag klar schreiben: Aufgabenbild, Entgeltlogik, Vertretungsregel, Gestaltungsspielräume, Kündigungsregeln, Informationspflichten sauber abbilden.

Quellen und weiterführende Literatur

Rechtsgrundlagen (Auswahl)

  • ASVG, insbesondere § 4 Abs. 4
  • ABGB, insbesondere Kündigungsregelungen für bestimmte freie Dienstverhältnisse ab 1.1.2026
  • ArbVG (Kollektivvertragsrecht und Einbeziehung bestimmter freier Dienstverhältnisse)
  • AVRAG (Informationspflichten, Dienstzettel)

Fachliteratur und Kommentare (Verlage gemäß Vorgabe)

  • facultas / facultas.manibus: Überblick zu freien Dienstverhältnissen und Kündigungsfristen ab 1.1.2026.
  • LexisNexis Österreich (Fachbeitrag): Geplante bzw beschlossene Änderungen und Einordnung im Arbeitsrecht.
  • Linde Verlag: Seminarunterlage/Ankündigung zu neuen Bestimmungen ab 1.1.2026.
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