Gesetz

Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz

VOEG
Stand der Gesetzgebung: 26.05.2024
Art. 10
Mit diesem Bundesgesetz wird die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11. Mai 2005 zur Änderung der Richtlinien 72/166/EWG, 84/5/EWG, 88/357/EWG und 90/232/EWG des Rates sowie der Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. Nr. L 149 vom 11. 6. 2005, S. 14) umgesetzt.
In Kraft seit 30.06.2007
§ 1 Anwendungsbereich
Dieses Bundesgesetz regelt die Entschädigung von Verkehrsopfern, die Schadenersatzansprüche nicht oder nur unter erschwerten Umständen gegen einen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer geltend machen können.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 2 Entschädigungspflichtiger und berechtigte
Leistungen nach diesem Bundesgesetz hat der Fachverband der Versicherungsunternehmen (im Folgenden Fachverband) zu erbringen.
In Kraft seit 23.12.2023
§ 3
Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz haben ausschließlich Personen, die in einem Entschädigungsfall nach diesem Bundesgesetz einen Personen- oder Sachschaden erlitten haben, sowie die Hinterbliebenen der in einem solchen Entschädigungsfall getöteten Personen.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 4 Entschädigung bei Ausfall eines Haftpflichtversicherers
(1) Der Fachverband hat Entschädigung für Personen- und Sachschäden zu leisten, die im Inland durch ein nach den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen versicherungspflichtiges Fahrzeug verursacht wurden, wenn
1. trotz bestehender Versicherungspflicht kein Versicherungsvertrag bestand,
2. eine zivilrechtlich haftpflichtige Person nicht ermittelt werden konnte,
3. das Fahrzeug ohne Willen des Halters benützt wurde und dieser nach § 6 EKHG von der Haftung befreit ist,
4. der Haftpflichtversicherer nicht zur Deckung verpflichtet ist, weil der Schädiger den Eintritt der Tatsache, für die er schadenersatzpflichtig ist, vorsätzlich und rechtswidrig herbeiführte, oder
5. der Versicherungsvertrag aufgrund einer Hinterlegung des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln gemäß § 52 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967, ruhend gestellt wurde.
(2) Der Fachverband hat Leistungen nach Abs. 1 so zu erbringen, als ob ihnen ein Schadenersatzanspruch des Verkehrsopfers und das Bestehen einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung im Rahmen der in den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen festgesetzten Versicherungspflicht zugrunde lägen. Der Fachverband kann gegen einen Entschädigungsanspruch nicht einwenden, dass ein Haftpflichtiger Ersatz zu leisten habe, oder dass ein Haftpflichtversicherer einzutreten habe, wenn dieser seine Deckungspflicht bestreitet.
(3) Der Fachverband hat im Fall des Abs. 1 Z 1 auch dann Entschädigung zu leisten, wenn mit einem Fahrzeug Schäden nicht im Inland verursacht wurden, das Risiko aber als im Inland belegen gilt (§ 5 Z 20 lit. a sublit. bb des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016, BGBl. I Nr. 34/2015).
(4) Der Fachverband hat im Fall des Abs. 1 Z 2 auch dann Entschädigung zu leisten, wenn nicht ermittelt werden kann, ob das Fahrzeug, das den Schaden verursachte, nach den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen versicherungspflichtig war.
(5) Personen, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit ihrem Willen in einem Fahrzeug befördert wurden, sind nicht zu entschädigen, wenn sie wussten, dass auf das Fahrzeug die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 oder 3 zutrafen.
(6) Sachschäden sind in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z 3 und 4 nur mit dem 220 Euro übersteigenden Betrag zu ersetzen. Im Fall des § 4 Abs. 1 Z 2 sind Sachschäden nur mit dem 220 Euro übersteigenden Betrag und nur dann zu ersetzen, wenn durch dasselbe Schadensereignis eine Person getötet wurde oder eine schwere Körperverletzung im Sinn des § 84 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, erlitt.
In Kraft seit 23.12.2023
§ 5 Entschädigung bei Insolvenz oder Liquidation des Versicherungsunternehmens
(1) Der Fachverband hat Entschädigung für Personen- und Sachschäden zu leisten, die im Inland einer Person mit inländischem Wohnsitz (Sitz) durch ein von einem Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland oder in einem anderen EWRVertragsstaat versichertes Fahrzeug verursacht wurden, und zwar ab dem Zeitpunkt, ab dem das Versicherungsunternehmen Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder eines Liquidationsverfahrens im Sinne von Art. 268 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit, ABl. Nr. L 335 vom 17. 12. 2009, S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie (EU) 2019/2177, ABl. Nr. L 334 vom 27. 12. 2019, S. 155, ist.
(2) Der Fachverband hat jenen Betrag zu leisten, den das in Abs. 1 genannte Versicherungsunternehmen zu leisten hätte. Die Entschädigung hat mindestens bis zu den Mindestbeträgen für Sach- oder Personenschäden zu erfolgen.
(3) Der Fachverband hat die für den Fall der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens eingerichteten Entschädigungsstellen der anderen EWRVertragsstaaten von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Haftpflichtversicherers mit Sitz im Inland oder von der Auflösung eines Haftpflichtversicherers mit Sitz im Inland gemäß § 306 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016 (VAG 2016), BGBl. I Nr. 34/2015, zu unterrichten, sobald er davon Kenntnis erlangt.
(4) Sobald der Geschädigte einen Anspruch nach Abs. 1 beim Fachverband geltend macht, hat dieser die Entschädigungsstelle in jenem EWRVertragsstaat, in dem das Versicherungsunternehmen seinen Sitz hat, und das Versicherungsunternehmen oder dessen Verwalter oder Liquidator im Sinne von Art. 268 Abs. 1 lit. e bzw. f der Richtlinie 2009/138/EG darüber zu informieren.
(5) Das Versicherungsunternehmen, über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, oder das gemäß § 306 Abs. 1 VAG 2016 aufgelöst wurde, oder sein Insolvenzverwalter oder Abwickler hat den Fachverband oder eine andere Entschädigungsstelle, die einen Anspruch nach Abs. 4 anzeigt, darüber zu unterrichten, wenn es für einen Anspruch, der auch beim Fachverband oder einer anderen Entschädigungsstelle eingegangen ist, Entschädigung leistet oder die Eintrittspflicht bestreitet.
(6) Unter anderem auf der Grundlage von Informationen, die ihm vom Geschädigten auf sein Ersuchen hin übermittelt werden, hat der Fachverband dem Geschädigten innerhalb von drei Monaten ab dem Tag, an dem der Geschädigte seinen Entschädigungsantrag gestellt hat, ein mit Gründen versehenes Schadenersatzangebot oder eine mit Gründen versehene Antwort gemäß Abs. 7 zu übermitteln.
(7) Der Fachverband hat ein mit Gründen versehenes Schadenersatzangebot zu übermitteln, wenn er festgestellt hat, dass er verpflichtet ist, eine Entschädigung gemäß Abs. 1 zu leisten, der Anspruch nicht bestritten und der Schaden teilweise oder vollständig beziffert wurde. Ansonsten hat er eine mit Gründen versehene Antwort auf die im Antrag geltend gemachten Punkte abzugeben.
(8) Nimmt der Geschädigte das mit Gründen versehene Schadenersatzangebot an, so hat ihm der Fachverband die Entschädigung unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb von drei Monaten ab Annahme, auszuzahlen. Wurde der Schaden nur teilweise beziffert, so gilt das für den entsprechenden Teil des Angebots.
(9) Der Fachverband ist in allen Phasen des Verfahrens zur Zusammenarbeit mit den für den Fall der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens eingerichteten Entschädigungsstellen der anderen EWRVertragsstaaten, mit anderen interessierten Parteien, einschließlich Versicherungsunternehmen, die Gegenstand eines Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens sind, mit deren Verwaltern oder Liquidatoren und mit den zuständigen Behörden im Inland und in den weiteren EWRVertragsstaaten befugt. Diese Zusammenarbeit umfasst die Anforderung, Entgegennahme und Übermittlung von Informationen, gegebenenfalls auch über die Einzelheiten konkreter Ansprüche.
In Kraft seit 23.12.2023
§ 6 Entschädigung bei nicht versicherungspflichtigen Fahrzeugen
(1) Der Fachverband hat Entschädigung für Personen- und Sachschäden zu leisten, die im Inland durch ein Fahrzeug im Sinne des Abs. 2 verursacht wurden, das
1. nicht versicherungspflichtig im Sinne des KFG 1967 ist oder
2. seinen gewöhnlichen Standort nach Art. 1 Z 4 der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. Nr. L 263 vom 07. 10. 2009, S. 11, in der Fassung der Richtlinie (EU) 2021/2118, ABl. Nr. L 430 vom 02. 12. 2021, S. 1, in einem anderen EWRVertragsstaat hat und nach Art. 5 dieser Richtlinie nicht der Versicherungspflicht unterliegt.
(2) Als Fahrzeug im Sinne dieser Bestimmung gelten
1. jedes Kraftfahrzeug, das ausschließlich maschinell an Land angetrieben wird, jedoch nicht auf Schienen fährt, mit
a) einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h oder
b) einem maximalen Nettogewicht von mehr als 25 kg und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 14 km/h,
2. jeder Anhänger, der mit einem unter Z 1 genannten Fahrzeug zu verwenden ist, unabhängig davon, ob er angekuppelt oder abgekuppelt ist.
Unbeschadet der Z 1 und der Z 2 gelten Rollstühle, die ausschließlich für den Gebrauch durch Menschen mit körperlichen Behinderungen bestimmt sind, nicht als Fahrzeuge im Sinne dieser Bestimmung. Als Fahrzeuge im Sinne dieser Bestimmung gelten auch Fahrzeuge im Sinne des § 1 Abs. 2a KFG 1967.
(3) Der Fachverband hat Leistungen nach Abs. 1 so zu erbringen, als ob ihnen ein Schadenersatzanspruch des Verkehrsopfers und das Bestehen einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung im Rahmen der in den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen festgesetzten Versicherungspflicht zugrunde lägen. Der Fachverband kann gegen einen Entschädigungsanspruch nicht einwenden, dass ein Haftpflichtiger Ersatz zu leisten habe, oder dass ein Haftpflichtversicherer einzutreten habe, wenn dieser seine Deckungspflicht bestreitet.
(4) Der Geschädigte ist nach Abs. 1 nicht zu entschädigen, wenn
1. das Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht so verwendet wurde, wie es seiner Funktion als Beförderungsmittel entspricht, unabhängig von den Merkmalen des Fahrzeugs und unabhängig von dem Gelände, auf dem das Fahrzeug verwendet wird, und der Tatsache, ob es sich in Bewegung befindet oder nicht oder
2. das Fahrzeug bei einer Motorsportveranstaltung oder -aktivität in einem abgegrenzten Gebiet mit Zugangsbeschränkungen verwendet wird und der Veranstalter der Aktivität oder eine andere Partei eine alternative Versicherung oder Garantie abgeschlossen hat, die den Schaden für Dritte, einschließlich Zuschauern und anderen Umstehenden, aber nicht notwendigerweise den Schaden für die teilnehmenden Fahrer und ihre Fahrzeuge abdeckt oder
3. der Schaden durch einen Unfall von einem in § 1 Abs. 2 lit. b KFG 1967 angeführten Fahrzeug, das nicht zur Verwendung auf öffentlichen Straßen zugelassen ist, im für die Öffentlichkeit aufgrund einer rechtlichen oder physischen Beschränkung nicht zugänglichen Bereich zwischen in den Arbeitsbetrieb eingebundenen Personen herbeigeführt wird oder
4. das Fahrzeug gemäß § 59 Abs. 2 KFG 1967 von der Versicherungspflicht ausgenommen ist.
In Kraft seit 23.12.2023
§ 7 Entschädigung wegen Einhaltung der Gurten- und Helmpflicht
(1) Der Fachverband hat Entschädigung für Personenschäden zu leisten, die durch die bestimmungsgemäße Verwendung eines Sicherheitsgurts oder Sturzhelms verursacht wurden, soweit der Schaden ohne Verwendung des Sicherheitsgurts oder Sturzhelms wahrscheinlich nicht oder wahrscheinlich nicht in dieser Schwere eingetreten wäre.
(2) Der Geschädigte ist jedoch nicht nach Abs. 1 zu entschädigen, wenn ihm
1. Schadenersatzansprüche nach den §§ 1293 ff. ABGB, nach dem EKHG oder nach vergleichbaren Haftpflichtbestimmungen zustehen, die durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt sind oder die unverzüglich, spätestens nach Mahnung erfüllt werden, oder
2. Ansprüche gegen einen Sozialversicherungsträger auf Leistungen, die denselben Schaden ausgleichen sollen, oder ähnliche Versorgungsansprüche zustehen.
(3) Überdies ist der Geschädigte nicht nach Abs. 1 zu entschädigen, wenn er
1. den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführte, etwa indem er das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkte, oder
2. das Fahrzeug benützte oder mit ihm befördert wurde, obwohl er wusste, dass dies gegen den Willen des Halters geschah.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 8 Entschädigung für Auslandsunfälle (Entschädigungsstelle)
(1) Der Fachverband hat im Umfang der Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers an dessen Stelle als Entschädigungsstelle Entschädigung für Personen- oder Sachschäden zu leisten, die einer Person mit inländischem Wohnsitz (Sitz) in einem anderen Staat, dessen nationales Versicherungsbüro (Art. 1 Z 3 der Richtlinie 2009/103/EG) dem System der Grünen Karte beigetreten ist, mit einem Fahrzeug zugefügt wurden, das seinen gewöhnlichen Standort in einem anderen EWR-Vertragsstaat hat und bei einem Haftpflichtversicherer versichert ist, der in einem anderen EWR-Vertragsstaat mit Sitz oder Zweigniederlassung niedergelassen ist.
(2) Entschädigung nach Abs. 1 ist dann zu leisten, wenn
1. der Haftpflichtversicherer oder sein Schadenregulierungsbeauftragter nicht seiner Verpflichtung nachkommt, innerhalb von drei Monaten nach der Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs begründet auf die im Begehren enthaltenen Darlegungen zu antworten (Art. 24 zweiter Unterabsatz lit. a der Richtlinie 2009/103/EG, ABl. Nr. L 263 vom 07. 10. 2009, S. 11),
2. der Haftpflichtversicherer für das Inland keinen solchen Schadenregulierungsbeauftragten bestellt hat und der Geschädigte seinen Anspruch nicht unmittelbar gegen den Versicherer geltend gemacht hat.
(3) Der Geschädigte hat seinen Anspruch im Fall des Abs. 2 Z 1 innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der dreimonatigen Frist, im Fall des Abs. 2 Z 2 aber innerhalb von vier Wochen ab dem Zeitpunkt geltend zu machen, in dem er davon Kenntnis erlangte oder hätte erlangen müssen, dass kein Schadenregulierungsbeauftragter bestellt ist.
(4) Der Geschädigte ist nicht nach Abs. 1 zu entschädigen, wenn er gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer gerichtliche Schritte eingeleitet hat. Die Pflicht zur Entschädigung erlischt, wenn der Haftpflichtversicherer oder der Schadenregulierungsbeauftragte der in Abs. 2 Z 1 genannten Verpflichtung nachkommt.
(5) Der Geschädigte kann gegenüber dem Fachverband gerichtlich nur geltend machen, dass die Voraussetzungen für die Entschädigung nach den Abs. 1 bis 4 vorliegen und die Entschädigungspflicht noch nicht erloschen ist.
In Kraft seit 18.01.2017
§ 8a Entschädigung für Auslandsunfälle bei Insolvenz oder Liquidation des Versicherungsunternehmens
(1) Der Fachverband hat als Entschädigungsstelle (§ 8 Abs. 1) Entschädigung für Personen- oder Sachschäden, die einer Person mit inländischem Wohnsitz (Sitz) in einem anderen Staat, dessen nationales Versicherungsbüro (Art. 1 Z 3 der Richtlinie 2009/103/EG) dem System der Grünen Karte beigetreten ist, mit einem Fahrzeug zugefügt wurden, das seinen gewöhnlichen Standort in einem EWRVertragsstaat hat und bei einem Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem EWRVertragsstaat versichert ist, auch dann zu leisten, sobald das Versicherungsunternehmen Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder eines Liquidationsverfahrens im Sinne von Art. 268 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2009/138/EG ist.
(2) § 5 Abs. 2 bis 9 sind anzuwenden. § 5 Abs. 3 gilt mit der Maßgabe, dass auch alle in Art. 24 genannten Entschädigungsstellen der anderen EWRVertragsstaaten von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Haftpflichtversicherers mit Sitz im Inland oder von der Auflösung eines Haftpflichtversicherers mit Sitz im Inland gemäß § 306 Abs. 1 VAG 2016 zu unterrichten sind. § 5 Abs. 9 gilt mit der Maßgabe, dass sich die Befugnis des Fachverbands zur Zusammenarbeit auch auf die gemäß Art. 24 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichteten oder zugelassenen Entschädigungsstellen in anderen EWR-Vertragsstaaten und auf die Schadenregulierungsbeauftragten der Versicherungsunternehmen, die Gegenstand eines Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens sind, bezieht.
In Kraft seit 23.12.2023
§ 9
Der Fachverband als Entschädigungsstelle hat Personen mit inländischem Wohnsitz (Sitz) in den in § 4 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Fällen nach Maßgabe und im Umfang dieser Entschädigungspflicht Leistungen zu erbringen, wenn der Schaden in einem anderen EWR-Vertragsstaat verursacht wurde.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 10 Pflichten des Geschädigten
(1) Anspruchsberechtigte Personen sind verpflichtet,
1. Personenschäden ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizeidienststelle zu melden,
2. nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhalts beizutragen und
3. die zur Vermeidung oder Minderung des Schadens notwendigen Maßnahmen zu treffen.
(2) Verletzt der Geschädigte die ihm nach Abs. 1 auferlegten Pflichten vorsätzlich, so verliert er den Anspruch auf Entschädigung. Bei grob fahrlässiger Verletzung bleibt der Anspruch nur insoweit bestehen, als der Umfang des Schadens auch bei gehöriger Erfüllung dieser Pflichten nicht geringer gewesen wäre.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 11 Pflichten des Fachverbandes
(1) Der Fachverband als Entschädigungsstelle hat innerhalb von zwei Monaten nach Geltendmachung eines Anspruchs nach § 8 Maßnahmen zur Feststellung seiner Entschädigungsverpflichtung zu treffen.
(2) Der Fachverband hat die Geltendmachung eines solchen Anspruchs unverzüglich dem Haftpflichtversicherer oder dem Schadenregulierungsbeauftragten, der der in § 8 Abs. 2 Z 1 genannten Verpflichtung nicht rechtzeitig nachgekommen ist, der Entschädigungsstelle im Staat der Niederlassung (Sitz oder Zweigniederlassung) des Haftpflichtversicherers, bei dem der Versicherungsvertrag abgeschlossen wurde, sowie dem Schädiger mitzuteilen.
(3) Der Fachverband hat der Finanzmarktaufsichtsbehörde jährlich über die Anzahl der gegen ihn geltend gemachten Ansprüche, aufgeschlüsselt nach den in den §§ 4 bis 9 angeführten Entschädigungsfällen, und über die von ihm geleisteten Entschädigungen zu berichten.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 12 Hinweispflichten
Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts haben den Geschädigten bei ihren Ermittlungen auf die Möglichkeit zur Geltendmachung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz hinzuweisen.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 13 Übergang von Ersatzansprüchen
Steht einem Geschädigten, der Leistungen nach diesem Bundesgesetz erhalten hat, ein Schadenersatzanspruch gegen einen Dritten zu, so geht dieser Anspruch auf den Fachverband insoweit über, als er dem Geschädigten eine Leistung erbracht hat. Soweit ein Geschädigter Leistungen nach § 5 oder § 8a erhalten hat, richtet sich der Übergang von Ersatzansprüchen nach § 16a Abs. 4.
In Kraft seit 23.12.2023
§ 14 Finanzierung der Entschädigungsleistungen
(1) Der Fachverband hat gegen die Unternehmen, die das Haftpflichtrisiko für im Inland zugelassene Fahrzeuge versichern, Anspruch auf Ersatz der von ihm nach diesem Bundesgesetz erbrachten oder erstatteten Leistungen einschließlich eines angemessenen Verwaltungsaufwands. Die dem Fachverband aufgrund dieses Bundesgesetzes erstatteten Leistungen sind bei der Berechnung des Ersatzanspruchs abzuziehen. Die Haftpflichtversicherer haben zu diesem Ersatz in demjenigen Verhältnis beizutragen, in dem ihr Prämienaufkommen aus der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für im Inland zum Verkehr zugelassene Fahrzeuge zum gesamten Prämienaufkommen aller Versicherer aus dieser Versicherung steht, wobei es zulässig ist, den Haftpflichtversicherern unabhängig vom tatsächlichen Prämienaufkommen und vom Geschäftsbetrieb jeweils einen Mindestbeitrag von 0,5 Prozent der dem Fachverband zu ersetzenden Aufwendungen vorzuschreiben.
(2) Soweit der Fachverband Leistungen nach § 5 und § 8a erbracht oder erstattet hat, gilt Abs. 1 mit der Maßgabe, dass sich der Ersatzanspruch des Fachverbands nur gegen Haftpflichtversicherer richtet, die im Inland gem. § 6 Abs. 1 VAG 2016 zugelassen wurden. Die im Inland zugelassenen Haftpflichtversicherer haben zu diesem Ersatz in demjenigen Verhältnis beizutragen, in dem ihr Prämienaufkommen aus der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für im Inland zum Verkehr zugelassene Fahrzeuge zum gesamten Prämienaufkommen jener Versicherer aus dieser Versicherung steht.
In Kraft seit 23.12.2023
§ 15 Erstattung bei nicht-versicherungspflichtigen Fahrzeugen
(1) Soweit der Fachverband eine Entschädigung nach § 6 Abs. 1 Z 2 geleistet hat, hat er Anspruch auf Erstattung dieser Leistung durch die entschädigungspflichtige Einrichtung in dem EWR-Vertragsstaat, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat.
(2) Wurde durch ein Fahrzeug im Sinn des § 6 Abs. 1 Z 1 in einem anderen EWR-Vertragsstaat ein Schaden verursacht, den die dort entschädigungspflichtige Einrichtung ersetzt hat, so hat der Fachverband nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats der Einrichtung diese Ersatzleistung zu erstatten. Mit der Leistung der Erstattung geht der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger auf den Fachverband über.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 16 Erstattung bei Auslandsunfällen
(1) Soweit der Fachverband eine Entschädigung nach § 8 geleistet hat, hat er Anspruch auf Erstattung dieser Leistung durch die Entschädigungsstelle im Staat der Niederlassung (Sitz oder Zweigniederlassung) des Haftpflichtversicherers, bei dem der Versicherungsvertrag abgeschlossen wurde.
(2) Der Fachverband hat der Entschädigungsstelle eines anderen EWR-Vertragsstaats, die eine Leistung nach Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG erbracht hat, nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses EWR-Vertragsstaats diese Leistung zu erstatten, wenn der Versicherungsvertrag bei einem inländischen Haftpflichtversicherer oder einer im Inland gelegenen Zweigniederlassung eines ausländischen Haftpflichtversicherers abgeschlossen wurde. Mit der Leistung der Erstattung geht der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer auf den Fachverband über.
(3) Soweit der Fachverband eine Entschädigung nach § 9 geleistet hat, hat er Anspruch auf Erstattung dieser Leistung durch
1. die Entschädigungsstelle in dem EWR-Vertragsstaat, in dem das Fahrzeug, mit dem der Schaden verursacht wurde, seinen gewöhnlichen Standort hat, im Fall des § 4 Abs. 1 Z 1,
2. die Entschädigungsstelle in dem EWR-Vertragsstaat, in dem das Schadensereignis eintrat, wenn der Schaden im Fall des § 4 Abs. 1 Z 2 durch ein Fahrzeug mit gewöhnlichem Standort in einem EWR-Vertragsstaat oder im Fall des § 4 Abs. 1 Z 1 oder 2 durch ein Fahrzeug mit gewöhnlichem Standort außerhalb der EWR-Vertragsstaaten verursacht wurde.
(4) Der Fachverband hat der Entschädigungsstelle in einem anderen EWR-Vertragsstaat, die eine Leistung nach Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG erbracht hat, nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses EWR-Vertragsstaats diese Leistung zu erstatten, wenn das Fahrzeug, mit dem der Schaden verursacht wurde, im Inland zugelassen ist oder das Schadensereignis im Inland eintrat. Mit der Leistung der Erstattung geht der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer auf den Fachverband über.
(5) Auf Erstattungsleistungen nach den Abs. 2 und 4 ist § 14 anzuwenden.
In Kraft seit 18.01.2017
§ 16a Erstattung bei Insolvenz oder Liquidation des Versicherungsunternehmens
(1) Soweit der Fachverband eine Entschädigung nach § 5 oder § 8a geleistet hat, hat er Anspruch auf Erstattung dieser Leistung durch die Entschädigungsstelle im Herkunftsmitgliedsstaat des Haftpflichtversicherers, bei dem der Versicherungsvertrag abgeschlossen wurde.
(2) Der Fachverband hat der Entschädigungsstelle eines anderen EWRVertragsstaats nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses EWRVertragsstaats den einem Geschädigten mit ausländischem Wohnsitz als Schadenersatz gezahlten Betrag zu erstatten, wenn das Versicherungsunternehmen, das Gegenstand eines Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens ist, seinen Sitz im Inland hat.
(3) Zahlungen zwischen dem Fachverband und den entsprechenden Entschädigungsstellen der anderen EWRVertragsstaaten sind innerhalb einer angemessenen Frist von höchstens sechs Monaten nach Erhalt eines Antrags auf Erstattung zu leisten, sofern nicht schriftlich etwas anderes vereinbart wurde.
(4) Mit der Leistung der Erstattung nach Abs. 1 oder 2 geht der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer auf den Fachverband über. Davon ausgenommen sind die Ansprüche des Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer oder eine unfallverursachende mitversicherte Person, soweit deren Haftung durch das insolvente Versicherungsunternehmen gedeckt wäre.
(5) Details in Bezug auf die Aufgaben und Verpflichtungen sowie die Verfahren zur Erstattung können in der in Art. 10a Abs. 13 und Art. 25a Abs. 13 der Richtlinie 2009/103/EG erwähnten Vereinbarung zwischen den Entschädigungsstellen oder des darin genannten delegierten Rechtsaktes der Europäischen Kommission geregelt werden.
In Kraft seit 23.12.2023
§ 17 Verweise
(1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
(2) Soweit in anderen Bundesgesetzen und Verordnungen auf Bestimmungen verwiesen wird, die durch dieses Bundesgesetz geändert oder aufgehoben werden, erhält die Verweisung ihren Inhalt aus den entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 18 Vollziehung
Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind hinsichtlich des § 11 Abs. 3 der Bundesminister für Finanzen, hinsichtlich des § 12 der Bundesminister für Inneres und im Übrigen der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen betraut.
In Kraft seit 01.07.2007
§ 19 In-Kraft-Treten
(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 2007 in Kraft. Es ist auf Schadensfälle anzuwenden, die sich nach dem 30. Juni 2007 ereignet haben.
(2) Mit dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes tritt das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer, BGBl. Nr. 322/1977, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 33/2003, außer Kraft. Es ist auf Schadensfälle, die sich vor dem 1. Juli 2007 ereignet haben, weiterhin anzuwenden.
(3) § 4 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 109/2009 tritt mit 17. Dezember 2009 in Kraft.
(4) § 6 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 12/2013 tritt mit 1. Jänner 2013 in Kraft.
(5) § 4 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2015 tritt mit 1. Jänner 2016 in Kraft.
(6) § 2, § 4 Abs. 1 Z 5, § 4 Abs. 6, § 5, § 6, § 8a, § 13, § 14 und § 16a samt Überschriften in der Fassung des Kraftfahr-Versicherungsrechts-Änderungsgesetzes 2023 – KraftVerÄG 2023, BGBl. I Nr. 129/2023, treten mit 23. Dezember 2023 in Kraft. Für die Anwendbarkeit gilt:
1. § 4 Abs. 1 Z 5 und § 6 in der Fassung des KraftVerÄG 2023 sind auf Fälle anzuwenden, in denen der Entschädigungsantrag nach dem 22. Dezember 2023 beim Fachverband einlangt. Auf Fälle, in denen der Entschädigungsantrag vor dem 23. Dezember 2023 beim Fachverband einlangt, sind § 5 Abs. 1 und § 6 in der Fassung vor dem KraftVerÄG 2023 weiterhin anzuwenden.
2. § 5 in der Fassung des KraftVerÄG 2023 ist auf Fälle anzuwenden, in denen der Entschädigungsantrag ab dem Tag der in Art. 10a Abs. 13 erster Unterabsatz der Richtlinie 2009/103/EG genannten Vereinbarung oder ab dem Zeitpunkt der Anwendung des in Art. 10a Abs. 13 vierter Unterabsatz der Richtlinie 2009/103/EG genannten delegierten Rechtsakts der Europäischen Kommission beim Fachverband einlangt, nicht jedoch vor dem 23. Dezember 2023. Auf Fälle, in denen der Entschädigungsantrag vor den im vorigen Satz genannten Zeitpunkten beim Fachverband einlangt, sind § 4 Abs. 1 Z 5, § 5 Abs. 2 und § 13 zweiter Satz jeweils in der Fassung vor dem KraftVerÄG 2023 weiterhin anzuwenden.
3. § 8a in der Fassung des KraftVerÄG 2023 ist auf Fälle anzuwenden, in denen der Entschädigungsantrag ab dem Tag der in Art. 25a Abs. 13 erster Unterabsatz der Richtlinie 2009/103/EG genannten Vereinbarung oder ab dem Zeitpunkt der Anwendung des in Art. 10a Abs. 13 vierter Unterabsatz der Richtlinie 2009/103/EG genannten delegierten Rechtsakts der Europäischen Kommission beim Fachverband einlangt, nicht jedoch vor dem 23. Dezember 2023.
4. § 16a Abs. 2 in der Fassung des KraftVerÄG 2023 ist auf Fälle anzuwenden, in denen die Entschädigungsstelle eines anderen EWRStaates aufgrund eines Entschädigungsantrags Entschädigung geleistet hat, der nach den in Z 2 erster Satz oder Z 3 erster Satz genannten Zeitpunkten bei ihr eingelangt ist.
5. Der Fachverband kann die in Art. 10a Abs. 13 erster Unterabsatz und Art. 25a Abs. 13 erster Unterabsatz der Richtlinie 2009/103/EG genannten Vereinbarungen schon vor dem 23. Dezember 2023 abschließen.
In Kraft seit 16.12.2023
Art. 1
Dieses Bundesgesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (Neufassung), (ABl. Nr. L 335 vom 17.12.2009 S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/51/EU ABl. Nr. L 153 vom 22.05.2014 S. 1
In Kraft seit 21.02.2015