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Die Kronzeugenregelung – zwischen Heldentum und Verfassungswidrigkeit

Nicht nur in Hollywood-Filmen, auch in den aktuellen Nachrichten sind sie immer wieder Thema: die Kronzeugen. Im Fernsehen ist ihr Auftritt immer unfassbar dramatisch und der Kronzeuge ist der Retter in der Not – wie glamourös ist dagegen die österreichische Kronzeugenregelung?

Kleine und große Kronzeugenregelung

Kleine Kronzeugenregelung

Das österreichische Gesetz unterscheidet eine “kleine” von der “großen” Kronzeugenregelung.
Die kleine Kronzeugenregelung ist in § 41a StGB normiert. Sie kommt Tätern zugute, die an einem verbrecherischen Komplott, einer kriminellen Vereinigung oder Organisation, einer terroristischen Vereinigung oder einer Verabredung, Verbindung oder Organisation nach dem Verbotsgesetz beteiligt waren. Offenbart der Täter Wissen über die angeführten Taten und trägt so zur Verhinderung oder Aufklärung ebendieser bei, kann das Mindestmaß der angedrohten Strafe unterschritten werden. Die kleine Kronzeugenregelung ist daher in Wahrheit lediglich ein Strafmilderungsgrund, eine völlige Straffreiheit gibt es hierbei nicht.

Große Kronzeugenregelung

Mehr Potential bitet die “große” Kronzeugenregelung (§§ 209a, 209b StPO). Sie wurde 2011 vorerst befristet eingeführt, und aktuell (obwohl kaum von praktischer Bedeutung) wohl verlängert.

Um in den Genuss der großen Kronzeugenregelung zu kommen, muss ein Täter freiwillig auspacken, und zwar, noch bevor ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet wurde. Er muss sein Wissen über Tatsachen offenbaren, die wesentlich dazu beitragen, eine der genannten Straftaten aufzuklären. Das sind jene Straftaten, die in die Zuständigkeit eines Schöffen- oder Geschworenengerichtes fallen, Wirtschaftsstraftaten sowie Taten im Rahmen einer kriminellen Vereinigung. In einem solchen Fall kann der Täter komplett straffrei bleiben. Die Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft erfolgt aber unter dem Vorbehalt späterer Verfolgung. Gem Abs 5 leg cit kann das Verfahren fortgesetzt werden, wenn sich herausstellt, dass die offenbarten Informationen nicht ausreichen oder falsch waren. Und genau hierin liegt das Problem.

Fehlende Rechtssicherheit

Als potentieller Kronzeuge muss man in Vorleistung gehen. Das Risiko ist in mehrerlei Hinsicht groß: Erstens muss man eine Tat offenbaren, die andernfalls vielleicht nie ans Licht gekommen wäre. Man zeigt sich also selbst an. Zweitens weiß man im Vorhinein nicht, ob die angebotenen Informationen der Staatsanwaltschaft ausreichen werden. Man kann sich nicht sicher sein, ob man für seine Leistung tatsächlich straffrei davonkommt. Im schlimmsten Fall hat man Kollegen, Freunde, Mittäter verraten, eine (noch) nicht entdeckte Straftat offenbart und wird trotzdem als (Mit-)Täter verurteilt. Es fehlt an Rechtssicherheit.

Das rechtsstaatliche Grundprinzip ist eine tragende Säule der österreichischen Verfassung. Dieses besagt unter anderem, dass das Vollzugshandeln des Staates verhersehbar und berechenbar sein muss. Jeder muss sich in seinem Handeln an der Rechtsordnung orientieren können. Mit der aktuell geltenden Kronzeugenregelung ist das jedoch nicht möglich.

Fazit

Es gibt viele Argumente pro und contra Kronzeugenregelungen. Sie alle hier anzuführen würde den Rahmen sprengen. Die fehlende Rechtssicherheit ist meiner Ansicht nach jedoch einer der wichtigsten Kritikpunkte. Meiner Meinung nach ist dies auch der Hauptgrund für die sehr geringe praktische Bedeutung dieser Regelung. Wer sich zu so einem Schritt entscheidet, muss sicher sein können, dass es sich für ihn auszahlt. Lediglich bei vorsätzlicher Falschinformation sollte eine Fortsetzung möglich sein. Eine attraktivere Regelung würde auch den generalpräventiven Effekt meiner Meinung nach wesentlich erhöhen, schließlich müsse man als Mittäter dann ständig fürchten, dass ein anderer den Helden spielen möchte.

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