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Poolbeleuchtung des Nachbarn zu hell – Verwendung vorhandener Jalousien zumutbar

Interessensausgleich im Sinne einer friedlichen Nachbarschaft laut OGH im Vordergrund

Der OGH hat in der Entscheidung 6 Ob 60/20x judiziert, dass Immissionen, welche nur selten auftreten, zu dulden sind.

Anlassfall

Die Streitteile sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Auf dem Grundstück der Beklagten befindet sich ein Swimmingpool. Dieser ist der Liegenschaft der Klägerin zugewandt. Die Klägerin begehrt, die Unterlassung der Swimmingpoolbeleuchtung, da diese Lichtquelle das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreite. Sie führt weiters aus, dass die Einwirkungen der Beleuchtung so stark seien, dass sie sogar in ihrem Schlaf gestört werde.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Die Poolbeleuchtung sei auf das Jahr gerechnet nur für wenige Stunden in Betrieb.

Der Prozess

Im bereits zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht die Klage ab und traf nachstehende Feststellungen:

Der Pool der Beklagten ist unter der Wasseroberfläche mit einer mehrfarbigen Poolbeleuchtung ausgestattet. Die Lichtimmissionen betreffen hauptsächlich den ersten Stock der Klägerin. Sofern die Beleuchtung in Betrieb ist, muss die Klägerin die Jalousien ihrer Fenster komplett schließen, um ihre Räume vollkommen abzudunkeln. Ist das Wasser in den Abendstunden zusätzlich in Bewegung, so wird die maximal zulässige Lichtstärke nach der ÖNORM O1052 überschritten und eine Blendwirkung erzeugt.

Nach der Tagsatzung vom 8.3.2016 verwendet die Beklagte  die Beleuchtung – aus Rücksichtnahme auf die Klägerin und deren Sohn – auch nur sechsmal jährlich von 20:30 Uhr bis 22:30 Uhr.

Das Erstgericht stellte fest, dass keine – die ortsübliche Benützung der Liegenschaft der Klägerin wesentlich beeinträchtigende – unzulässige Immission vorliege. Begründet hat das Gericht die Entscheidung damit, dass die Poolbeleuchtung nur selten verwendet wird.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung ab und gab dem Klagebegehren statt. Es führte aus, dass es auf eine “Rücksichtnahme” rechtlich nicht ankomme, da dieses Verhalten jederzeit geändert werden kann. Überdies stellte das Gericht fest, dass ein Verstoß gegen die maßgeblichen Aufhellungsgrenzwerte nie ortsüblich sein kann. Es sei auch in einem Ortsgebiet niemals üblich, dass ein Nachbar bei Dunkelheit gezwungen sei, Rollläden zu verwenden um die starke Poolbeleuchtung abzuwehren. Ein seltenes Einschalten ändere nichts an der Ortsunüblichkeit.

Rechtliche Beurteilung des OGH

Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass ein Untersagungsrecht nur dann bestehe, wenn die Einflüsse das örtliche Maß übersteigen UND zugleich die ortsübliche Benützung dieser Liegenschaft wesentlich beeinträchtigen. Ausschlaggebend sind dabei die örtlichen Verhältnisse. § 364 Abs 2 ABGB setzt somit Ortsunüblichkeit als auch Unzumutbarkeit voraus.

Bei der Ortstüblichkeit ist auf die Lage des beeinträchtigten Grundstücks zum Grundstück, von dem die Störung ausgeht, abzustellen. Weiters sind auch die Verhältnisse der unmittelbaren Umgebung zu berücksichtigen. Zur Beurteilung einer ortsüblichen Immission sind die Benützung der emittierenden Liegenschaft und die der anderen Grundstücke des betreffenden Gebiets in Vergleich zu ziehen.

Für die Wesentlichkeit der Nutzungsbeeinträchtigung ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Maßgeblich ist das Empfinden eines Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des – durch die Immission beeinträchtigten Menschen – befindet. Die Umstände des Einzelfalls sind zu berücksichtigen. Im Allgemeinen werden solche Immissionen als das ortsübliche Maß und die ortsübliche Nutzung überschreitend angesehen, wenn es zu einer empfindlichen Störung der Nachtruhe kommt. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Beeinträchtigung der Benutzung wesentlicher sein muss, je näher die Immission an der Ortsüblichkeit liegt.

Der OGH zum Anlassfall:

Die vollständige Dunkelheit der Räume der Klägerin ist nur dann gegeben wenn die Rollläden zur Gänze geschlossen sind. Die ÖNORM O1052 ist dann überschritten wenn die Beleuchtung eingeschalten und das Wasser in Bewegung ist. Es liegt in Übereinstimmung mit der 1. Instanz keine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Benützung der Liegenschaft durch die Klägerin vor. Dadurch, dass die Beleuchtung nur sechsmal pro Jahr im Ausmaß von zwei Stunden in Betrieb genommen wird, kann man sich mit dem Herunterlassen von Jalousien leicht abhelfen.

Bereits in der Entscheidung 10 Ob 20/11f hat der OGH judiziert, dass bei zeitlich beschränkter Einwirkung von Lichtreflexionen durch Verwendung von Sonnenschirmen bzw. Jalousien Abhilfe geschaffen werden kann. Es erschien dem Gericht überschießend, bei der vorliegenden Sachlage einen Unterlassungsanspruch zu gewähren.

Der OGH führt weiters aus, dass es allgemein üblich ist, Rollläden in der Nacht zur Verdunkelung zu verwenden. Das ist in diesem Fall mit einem geringen Aufwand verbunden, da das Haus der Klägerin bereits mit solchen ausgestattet ist. Der Argumentation, dass das Lüften der Wohnräume dadurch erschwert wird, kann der OGH nichts abgewinnen. Gerade in den Sommermonaten wird ein effizientes Lüften in den späten Nacht- oder frühen Morgenstunden erreicht.

Conclusio

Zusammenfassend kann man festhalten, dass man sich gegen eine Poolbeleuchtung mit einer Jalousie Abhilfe verschaffen kann. Im Sinne einer friedlichen Nachbarschaft ist das Suchen des Gesprächs wahrscheinlich zielführender als der Weg zum Gericht. Oftmals wird bereits so ein kostensparender Kompromiss gefunden. Die vorliegende Judikatur hat gerade im heurigen “Corona-Sommer” enorme Bedeutung. Viele Menschen werden den Urlaub zu Hause verbringen und den eigenen Garten nutzen. Sollte ein Pool samt Beleuchtung vorhanden sein, kann man sich an der vorliegenden Judikatur orientieren.

 

 

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