Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft wird in „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (AEUV) umbenannt und der Begriff „Gemeinschaft“ im gesamten Text durch „Union“ ersetzt. Die Union tritt an die Stelle der Gemeinschaft und ist ihr Rechtsnachfolger. Der Vertrag von Lissabon verzichtet auf staatstypische Symbole für die Union wie beispielsweise eine Flagge oder eine Hymne. Obwohl der neue Text schon vom Namen her kein Verfassungsvertrag mehr ist, sind doch dessen wesentliche Errungenschaften bewahrt worden.
Mit dem Vertrag von Lissabon werden der Union keine zusätzlichen ausschließlichen Zuständigkeiten übertragen. Allerdings ändert er die Art und Weise, in der die Union ihre bisherigen und einige neue (geteilte) Befugnisse wahrnimmt, indem er die Beteiligung und den Schutz der Bürger ausweitet, einen neuen institutionellen Rahmen schafft und die Entscheidungsprozesse im Interesse einer höheren Effizienz und Transparenz verändert. Dadurch wird für ein höheres Maß an parlamentarischer Kontrolle und demokratischer Rechenschaftspflicht gesorgt.
Anders als der Verfassungsvertrag enthält der Vertrag von Lissabon keinen Artikel, der den Vorrang des Unionsrechts gegenüber dem nationalen Recht förmlich festschreibt. Dem Vertrag wurde jedoch eine entsprechende Erklärung beigefügt (Erklärung Nr. 17), in der erläutert wird, wie das EU-Recht nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Vorrang vor nationalem Recht hat.
Im Vertrag von Lissabon werden die Zuständigkeiten der Europäischen Union erstmals geklärt. Es werden drei Arten von Zuständigkeiten unterschieden: die ausschließliche Zuständigkeit, bei der nur die Union Rechtsakte erlassen kann, die dann von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden; die geteilte Zuständigkeit, bei der die Mitgliedstaaten verbindliche Rechtsakte erlassen und verabschieden können, sofern die Union dies nicht tut; sowie die unterstützende Zuständigkeit, bei der die EU Maßnahmen zur Unterstützung oder Ergänzung der Politik der Mitgliedstaaten erlassen kann. Zuständigkeiten der EU können nunmehr im Rahmen einer Vertragsrevision auf die Mitgliedstaaten zurückübertragen werden.
Mit dem Vertrag von Lissabon wird der EU uneingeschränkte Rechtspersönlichkeit verliehen. Dadurch wird die Union in die Lage versetzt, im Bereich der ihr zugewiesenen Befugnisse internationale Verträge zu unterzeichnen oder internationalen Organisationen beizutreten. Die Mitgliedstaaten dürfen nur internationale Übereinkünfte schließen, die mit dem EU-Recht vereinbar sind.
Mit dem Vertrag wird erstmals ein formales Verfahren für Mitgliedstaaten geschaffen, die im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften aus der Europäischen Union austreten möchten. Dabei handelt sich um Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union (EUV).
Mit dem Vertrag von Lissabon werden die verbleibenden Aspekte des dritten Pfeilers aus dem Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht, d. h. die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, in den ersten Pfeiler eingegliedert. Die frühere intergouvernementale Struktur entfällt vollständig: Die in diesem Bereich verabschiedeten Rechtsakte unterliegen nunmehr dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (qualifizierte Mehrheit und Mitentscheidung), und es kommen die Rechtsinstrumente der Gemeinschaftsmethode (Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse) zur Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon kann das Parlament ebenso Änderungen der Verträge vorschlagen, wie zuvor schon der Rat, die Regierungen der Mitgliedstaaten oder die Kommission. Eine solche Änderung erfordert normalerweise die Einberufung eines Konvents, der eine Empfehlung bezüglich der Änderungen an eine Regierungskonferenz richtet (wobei der Europäische Rat nach Zustimmung des Parlaments jedoch auch beschließen kann, keinen Konvent einzuberufen (Artikel 48 Absatz 3 zweiter Unterabsatz EUV)). Es würde dann eine Regierungskonferenz einberufen, um im gegenseitigen Einvernehmen die an den Verträgen vorzunehmenden Änderungen zu vereinbaren. Die Verträge können jedoch ohne Einberufung einer Regierungskonferenz geändert werden, und zwar mittels vereinfachter Änderungsverfahren, sofern die Änderung interne Politikbereiche und Maßnahmen der Union betrifft (Artikel 48 Absatz 6 und Absatz 7 EUV). Eine solche Änderung wird dann im Wege eines Beschlusses des Europäischen Rates erlassen, wobei jedoch eine Ratifizierung entsprechend den einzelstaatlichen Ratifizierungsvorschriften erforderlich sein könnte.