Auch in der Urkundensammlung des Grundbuchs gilt grundsätzlich das Datenschutzrecht. In einem aktuellen Fall hatte die Datenschutzbehörde zu entscheiden, ob Datenschutzrecht verletzt wird, wenn ein Scheidungsvergleich im Grundbuch veröffentlicht wird. Hierbei stellte sich auch die Vorfrage, ob die Datenschutzbehörde überhaupt für das Grundbuch zuständig ist.
Die Urkundensammlung der Grundbuchsgerichte
Grundbuchseintragungen erfolgen grundsätzlich auf Basis von Urkunden (zB Kaufvertrag, Schenkungsvertrag, behördlicher Bescheid etc). Diese Urkunden wurden früher im Original in der Urkundensammlung des zuständigen Grundbuchsgerichts aufbewahrt. Heutzutage werden sie digital im elektronischen Urkundenarchiv der Justiz hinterlegt. Grundsätzlich kann jedermann sowohl die alten Urkunden (durch physische Einsichtnahme beim Grundbuchsgericht) als auch die neueren elektronisch gespeicherten Urkunden (durch digitale Abfrage des Hauptbuches) gegen eine geringfügige Gebühr abrufen und einsehen. Das gilt etwa auch für einen Scheidungsvergleich, der die Grundlage für eine Einverleibung im Grundbuch ist.
Datenschutzproblem: Scheidungsvergleich im Grundbuch
Im streitgegenständlichen Scheidungsvergleich einigten sich die ehemaligen Ehegatten über die Aufteilung von Immobilien und anderen Wertgegenständen. Durch die Abfrage der Urkunde aus dem Grundbuch, die ja für jedermann möglich ist, sind damit auch Daten ersichtlich, welche weit über die für das Grundbuch eigentlich erforderlichen Angaben hinausreichen (zB Vermögensverhältnisse der Ehegatten).
Die Datenschutzbehörde sah damit den Schutzbereich von § 1 DSG (Grundrecht auf Datenschutz) grundsätzlich als eröffnet an. Allerdings verweist die Behörde bei der weiteren Prüfung darauf, dass Einverleibungen gemäß § 33 Abs 1 lit b GBG aufgrund von von Gerichten aufgenommenen (exekutionsfähigen) Vergleichen vorgenommen werden. Urkunden seien hierfür gemäß § 87 Abs 1 GBG im Original beizulegen. Auch der OGH geht davon aus, dass stets der vollständige Scheidungsvergleich vorzulegen sei.
Verhältnis von Aufsichtsbehörde und Grundbuchsgericht
Grundsätzlich sind Aufsichtsbehörden nach Art 55 Abs 3 DSGVO im justiziellen Bereich nicht zuständig, dies allein schon, um die Unabhängigkeit der Gerichte zur wahren (ErwG 20 DSGVO). Ob eine Tätigkeit justiziell ist, hänge aber davon ab, ob die Gerichte Entscheidungen in einem bestimmten Fall treffen. Grundbuchsgerichte führen (ebenso wie Firmenbuchgerichte) öffentliche Verzeichnisse, entscheiden aber keinen Rechtsstreit zwischen Parteien. Daher greift eine Aufsichtsbehörde, die über Tätigkeiten dieser Gerichte entscheidet, auch nicht in die Unabhängigkeit der Gerichte ein. Es ist also nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Datenschutzbehörde die Rechtmäßigkeit überprüft.
Datenschutzbehörde darf Entscheidung der Gerichte nicht prüfen
Die Behörde darf allerdings nicht prüfen, ob die Anforderung, dass der gesamte Scheidungsvergleich im Grundbuch wiedergeben wird, den Vorgaben des Datenschutzes entspricht. Hierzu hält die Behörde fest:
„Ob und allenfalls in welchem Umfang die genannten Bestimmungen im Einklang mit dem Grundrecht auf Datenschutz oder unionsrechtlichen Vorgaben stehen, ist von der Prüfungskompetenz der Datenschutzbehörde hingegen nicht umfasst. Eine derartige Prüfungskompetenz obliegt alleine dem Verfassungsgerichtshof nach Art. 140 B-VG bzw. dem EuGH nach Art. 267 AEUV, wobei deren Anrufung durch die Datenschutzbehörde entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht in Betracht kommt.“
Fazit: Datenschutz gilt im Grundbuch, aber gerichtliche Vorgaben gehen vor
Datenschutz gilt also uneingeschränkt auch im Grundbuch. In einer anderen spannenden Entscheidung hatte das BVwG sich bereits zum Thema Datenschutz bei Grundbuchsabfragen durch Immobilieninteressenten geäußert (näheres dazu in unserem Blog). Aufgrund der gerichtlichen Entscheidungen war – trotz datenschutzrechtlicher Bedenken – der Scheidungsvergleich zur Gänze ins Grundbuch aufzunehmen.