Der Versuch, das Geschäftsmodell der prozessfinanzierten Mietzinsverfahren in Altbauwohnungen zu unterbinden, scheitert vor dem Obersten Gerichtshof.
Wien (OTS) – Der Österreichische Rechtsanwaltsverein, dem rund 900 österreichische Rechtsanwälte angehören, hatte vor knapp 3 Jahren eine weittragende wettbewerbsrechtliche Klage gegen die Prozessfinanzallianz GmbH (ehemals Mietheld GmbH) erhoben, die nun deutlich und in allen Klagepunkten vor dem Höchstgericht abgewiesen wurde (Urteil vom 31.01.2023). Die Prozessfinanzallianz GmbH finanziert mit der Marke „Mietheld“ Mietzinsverfahren im Altbau und mit der Marke „Padronus“ Entschädigungsverfahren nach dem Epidemiegesetz sowie Klagen zur Rückforderung von Glücksspielverlusten gegen Online-Casino-Anbieter.
Der Rechtsanwaltsverein hatte dem Prozessfinanzierer unter anderem vorgeworfen, im Zuge des Geschäftsmodells der Mietzinsreduktionen marktschreierisch und aggressiv zu werben, unzulässige Abtretungsgeschäfte anzubieten und den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeiten durchzuführen. Insbesondere war dem Rechtsanwaltsverein die Zusammenarbeit mit Mieterschutzvereinen vor der Schlichtungsstelle ein Dorn im Auge. Der OGH hat nun diverse offene Rechtsfragen geklärt, indem er die Zulässigkeit der Vorgehensweise von Mietheld bzw. Padronus bejahte. Richard Eibl, Geschäftsführer von Mietheld/Padronus, stellt fest: „Der klägliche Versuch, unser Geschäftsmodell zu zerstören, ist auf ganzer Linie gescheitert. De facto wollte man uns mundtot machen, uns die Geschäftsgrundlage entziehen. Nun haben wir mehr Rechtssicherheit denn je und die Prozessfinanzierungsbranche geht insgesamt gestärkt aus dem Verfahren hervor.“
Die Rivalität zwischen dem Rechtsanwaltsverein und der Rechtsanwaltskammer einerseits und den Prozessfinanzierern andererseits ist so alt wie die Prozessfinanzierungsbranche selber. Die Institutionen versuchen seit Jahren, den Handlungsspielraum diverser Prozessfinanzierer zu beschränken. „Seit Gründung von Mietheld im Jahr 2014 versucht man regelmäßig uns durch Klagen oder rechtliche Verfahren klein zu kriegen – immer vergeblich“, erzählt Eibl, der das Geschäftsmodell mitentwickelte. „Viele Rechtsanwälte müssen noch begreifen, dass Prozessfinanzierer wie Mietheld den Rechtsanwälten kein Geschäft wegnehmen, sondern ihr Geschäft beleben. Dank Mietheld sind beispielsweise die Mietzinsverfahren in Altbauten in erheblichem Maße gestiegen, sodass natürlich auch mehr Vermieter eine rechtliche Beratung oder Vertretung benötigen, wovon Rechtsanwälte profitieren“, so Eibl weiter. „Bevor es Firmen wie unsere gab, wussten die meisten Altbaumieter nicht einmal, dass es eine gesetzliche Mietpreisgrenze gibt.“
Der Geschäftszweig der Prozessfinanzierung habe jedenfalls zu einer enormen Verbesserung der Geltendmachung von Verbraucherrechten insgesamt beigetragen. „Viele Konsumenten haben weder das Wissen um ihre rechtlichen Ansprüche, noch die finanziellen Mittel, diese vollumfänglich geltend zu machen. Wir sind uns beispielsweise sicher, dass von den tausenden Kunden, deren Glücksspielverluste wir derzeit von Online-Casinos in Malta zurückholen, nur ein Bruchteil auf eigene Faust gehandelt hätte“, so Eibl. „Dies im Übrigen nicht zu Unrecht, da einige Casino-Anbieter auch nach rechtskräftigem Urteil die Spielverluste nicht zurückzahlen. Wenn die Forderung dann in Malta nicht exekutiert werden kann und man keinen Prozessfinanzierer hat, bleibt man trotz erfolgreichem Gerichtsverfahren auf den eigenen Rechtsanwaltskosten sitzen. Außerdem hat ein Prozessfinanzierer wie wir viel mehr Möglichkeiten, die Forderungen zu exekutieren. Durch die erdrückende Menge an Forderungen, deren gerichtliche Geltendmachungen wir finanzieren, sind die Casinos auch viel gesprächsbereiter, was außergerichtliche Einigungen angeht.“
Selbst die Europäische Kommission ist der Ansicht, dass die Prozessfinanzierung ein wichtiger Bestandteil einer wirksamen Durchsetzung von Verbraucherrechten ist. Rechtsanwältin Mag. Petra Laback, die die Prozessfinanzallianz GmbH in diesem Verfahren vertreten hat, resümiert: „Wie wir erwartet haben, hat der OGH auch bestätigt, dass eine Abtretung von Ansprüchen an Prozessfinanzierer im Rahmen der Sammelklage österreischer Prägung zulässig ist. Das Urteil zeigt, dass der OGH die Prozessfinanzierung als zulässiges Modell sieht, Verbraucherrechte durchzusetzen.“