Gesetzesvertretende Verordnung

Eine gesetzesvertretende Verordnung ist eine selbständige Verordnung, die unmittelbar auf verfassungsrechtlicher Grundlage beruht. Sie wird ohne einfachgesetzliche Ermächtigung erlassen und steht damit – ausnahmsweise – nicht im üblichen Durchführungszusammenhang zu einem Gesetz. Inhaltlich ist sie an die Verfassung gebunden und darf insbesondere keine verfassungsrechtlichen Grundnormen verletzen.

Abgrenzung

  • Vollziehungs-/Durchführungsverordnungen: werden auf gesetzlicher Grundlage erlassen; sie präzisieren und setzen Gesetze um, ohne deren Rahmen zu überschreiten.
  • Gesetzesvertretende Verordnungen: beruhen verfassungsunmittelbar und treten – funktional – an die Stelle eines Gesetzes, soweit die Verfassung das vorsieht.
  • Gesetzesändernde Verordnungen: Sonderfall verfassungsunmittelbarer Verordnungen, die vorläufig einfaches Bundesrecht abändern können (siehe Notverordnungen).

Notverordnungen des Bundespräsidenten

Für Krisenlagen sieht die Bundesverfassung vor, dass der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung vorläufig gesetzesändernde Verordnungen erlassen kann (Art 18 Abs. 3 B-VG). Diese dürfen nur unter engen Voraussetzungen ergehen, sind politisch und rechtlich verantwortet und stehen unter parlamentarischer Kontrolle.

Hinweis zur Einordnung des Beispiels:
Das häufig genannte „Notverordnungsrecht des Bundespräsidenten“ ist keine gesetzesvertretende, sondern eine gesetzesändernde Verordnung im Sinn des Art 18 Abs. 3 B-VG. Das Beispiel war daher inhaltlich anders zuzuordnen.

Zulässigkeitsgrenzen

Auch verfassungsunmittelbare Verordnungen sind an die Verfassung gebunden. Sie dürfen weder die verfassungsrechtlichen Schranken überschreiten noch elementare Grundsätze (z. B. Legalitätsprinzip, Determinierung, Gleichheitssatz) verletzen. Die konkrete Reichweite ergibt sich stets aus der jeweils einschlägigen Verfassungsbestimmung.

Kurz zusammengefasst

  • Durchführungsverordnung = auf Gesetz gestützt.
  • Gesetzesvertretende Verordnung = direkt auf Verfassung gestützt (ohne Gesetz).
  • Notverordnung (Art 18 Abs. 3 B-VG) = gesetzesändernde Verordnung, nicht gesetzesvertretend.

Quellen (Auswahl)

  • Muzak, B-VG – Bundes-Verfassungsrecht. Kurzkommentar, 6. Aufl. 2020, MANZ.
  • Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht, 14. Aufl. 2022, facultas.
  • Rill/Schäffer (Kneihs/Lienbacher, Hrsg.), Kommentar Bundesverfassungsrecht, Art 18 B-VG (aktual. Bearb. 31. Lfg. 2023), Verlag Österreich.
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