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Pönalklage

Das Rechtsmittel der Pönalklage (actio poenalis) bezeichnete im Römischen Recht den Sammelbegriff für verschiedene Strafklagen. Diese standen dem Geschädigten aus Privatdelikten, wie dem Diebstahl (furtum), Ehr- und Körperverletzung (iniuria) als Rechtsschutz zur Verfügung. Der Verletzte bezog aus der Tat eine Deliktsobligation (obligato ex delicto), die auf eine Bußzahlung ausgerichtet und in einem privaten Zivilgerichtsverfahren (iudicum privatum) dem Täter gegenüber geltend gemacht wurde.

Wesen der Pönalklage

Der ursprüngliche Zweck der Bußklagen lag anfänglich in der Ablösung der konzedierten Rachebefugnis, die nach altrömischen Recht dem Verletzten zur Verfügung stand. Zur Vermeidung von Exzessen und Wahrung des Rechtsfriedens, sollte an dem Deliktstäter, von einigen Ausnahmen abgesehen, grundsätzlich keine physische Vergeltung mehr ausgeübt werden. Dieser sühnte nun für die Tat als Äquivalent zur Körperstrafe mit seinem Vermögen. Die Androhung von möglichen Körperfolgen, wie der Schuldknechtschaft, oder der Verkauf ins Ausland (trans tiberim), dienten nur noch als Zwangsmittel, um die Zahlung der Buße (poena) letztendlich durchzusetzen.

Im klassischen Recht trat die Rechtsmeinung in den Vordergrund, dass die Bußzahlung nicht mehr als ein Ersatz für die körperliche Vergeltung, sondern als die eigentliche Strafe angesehen wurde.

Varianten der privaten Pönalklage im Zivilverfahren

Einfache Pönalklage

Die reine Pönalklage bewehrte nur die eigentliche deliktische Tathandlung mit einer Buße. Die Strafzahlungen bestanden anfangs aus fixen Sätzen von Vieh oder Geldbeträgen. In der späten Republik orientierten sich die Taxen zum einen an den Vorgaben des Prätors aus seinen ergänzenden Edikten (edictum perpetuum) zu den honorarrechtlichen Ersatzklagen und zum anderen an dem Ermessen des mit dem Prozess betrauten Urteilrichters (iudex). Dieser konnte die Höhe der Geldbuße an der individuellen Eigenart des jeweiligen Rechtsbruches frei bestimmen.

Bei einem deliktischen Vermögensschaden konnte der Geschädigte neben der auf Sühne ausgerichteten Strafklage eine zusätzliche, sachverfolgende Klage anstrengen. Die Höhe des Ausgleichs richtete sich am Zeitwert der Sache, oder an dem erlittenen Vermögensschaden aus und konnte deliktabhängig ein Mehrfaches betragen.

Gemischte Pönalklage[Bearbeiten]

Die gemischte Pönalklage ermöglichte es dem Kläger mit der eigentlichen Bestrafung des Delikttäters, im gleichen Verfahren einen Schadensersatz für den bei der Tat entstandenen Vermögensschaden einzufordern. Damit galt das Vergehen durch die Doppelfunktion der gemischten Pönalklage (actio mixtae) als abgegolten. Eine weitere, nur sachverfolgende Klage konnte hierauf nicht mehr betrieben werden.

Besonderheiten der Pönalklage

Rechtsfolgen für die Erben des Täters

Die zivilen Pönal und privatrechtlichen Ersatzklagen unterlagen keiner Verjährung, waren aber passiv unvererblich. Der Sühnegedanke richtete sich nur gegen den Delikttäter und nicht gegen die Angehörigen. Die honorarrechtlichen Strafklagen hingegen waren zur Wahrung des Rechtsfriedens auf ein Jahr befristet.

Die Pflicht zur Prozessführung ging erst dann auf die Angehörigen über, wenn gegen den zwischenzeitlich verstorbenen Sühnepflichtigen bereits zu dessen Lebzeiten ein Verfahren anhängig gewesen ist. War der verurteilte Täter verstorben, hatten die Hinterbliebenen als sein Rechtsnachfolger ebenfalls die Bußzahlung aus dem Urteil zu tragen.

Zum Ausgleich von Vermögensschäden war es generell möglich, gegen die aus der Tat zu Unrecht bevorteilten Personen, insbesondere die Erben des Täters, eine prätorische Bereicherungsklage (id quod pervenit) anzustrengen.

Rechtsfolgen für die Erben des Verletzten

Delikte aus der iniuria, welche sich vorrangig gegen die Person und nicht gegen das Vermögen richteten, waren aktiv unvererblich. Das Klagerecht ging mit dem Tod des Berechtigten unter. Alle anderen Pönalklagen konnten durch die Erben initiiert werden.

Pönal- und sachverfolgende Klage in der Kriminalgerichtsbarkeit

Gewisse Delikte (crimina) hatten einen allgemein schädigenden Charakter, der neben dem privaten Sühneanspruch auch ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung des Täters hervorrief. Diese allgemeinheitsberührenden Verfahren (iudicium publicum) wurden seit den Leges Corneliae vor einem der ordentlichen Quästionengerichte (quaestiones perpetuae) geführt. Bei den in der späten Republik dauerhaft eingerichteten Schwurgerichtshöfen handelte es sich um Sondergerichte, da jedes Forum für ein spezielles Delikt zuständig war.

Dem geschädigten Privatmann war es grundsätzlich möglich, neben der konkurrierenden, staatlichen Kriminalverfolgung, eine sachverfolgende Klage, oder eine Pönalklage anzustrengen. So konnte bei der Testamentsfälschung (falsum testimonium), die seit der Lex Cornelia testamentaria nummaria zu den Offizialdelikten gezählt wurde, zusätzlich einer privatrechtlichen Schadensregulierung nachgegangen werden.

Adressaten der Pönalklage

Es bestand eine kumulative Klagenkonkurrenz, so dass die Pönalklagen unbeschränkt gehäuft (cumulare) werden konnten. Jeder, der durch Handeln oder Unterlassen direkt oder indirekt an der Tat beteiligt gewesen war, wurde zu einem Adressat der jeweiligen Strafklage. Hierzu zählten insbesondere der Mittäter und der Anstifter. Auch die Beihilfe an dem Delikt und eine Begünstigung des Täters lösten die uneingeschränkte Sühne- und Haftpflicht an den Verantwortlichen aus.

Die Noxalhaftung gegen tatunbeteiligte Dritte wurde indiziert, wenn es sich bei dem Deliktstäter um einen Sklaven oder eine andere gewaltunterworfene Person gehandelt hatte. Der Adressat der Strafklagen in Form der actiones noxales wurde damit der Gewalthaber. Der Täter musste aus der Gewalt entlassen werden, um die Noxalhaftung aufzuheben.

Die Pönalklage im Wandel der römischen Gerichtsverfahrensordnung

Das Gerichtswesen im antiken Rom erfuhr in seiner langen Entwicklungsperiode mehrere, grundlegende Änderungen. Neben einer bestehenden, grundsätzlich ordentlichen Gerichtsbarkeit in der römischen Republik, entstanden die außerordentlichen Gerichtshöfe der Kaiser mit dem Verwaltungsapparat einer rechtssprechenden Beamtenschaft.

Die zivilen Pönalklagen wurden bis auf einige Ausnahmen durch die Kriminalverfolgung der kaiserlichen Gerichtsbarkeit abgelöst. Die verbeamtete Jurisdiktion setzte an die Stelle einer auf Buße (poena) ausgerichteten Privatstrafklage die amtliche Kognition ein, welche generell härtere Sanktionen vorsah.

Antike Quellen

Nicht juristische Quellen

  • Aulus Gellius, Noctes Atticae.

Juristische Quellen

  • Gaius: Institutiones, Digesten.
  • Ulpian: Digesten.
  • Iulius Paulus: Digesten.

Literatur

  • Joachim Ermann: Forschungen zum römischen Recht; Strafprozess, öffentliches Interesse und private Strafverfolgung: Untersuchungen zum Strafrecht der römischen Republik, Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Berlin, 1999, ISBN 3-412-08299-6, Die Bacchanalien, Die materiellen Rechtsgrundlagen der Verfahren, S. 23-27.
  • Heinrich Honsell: Römisches Recht. 6. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2006, ISBN 978-3-540-28118-4, § 57 Allgemeine Grundsätze der Deliktshaftung, S. 109.
  • Max Kaser: Das Römische Privatrecht. 2. Auflage. C.H. Beck, München/Würzburg 1971, ISBN 3-406-01406-2, § 39, S. 146-150, § 142, S. 609-614, § 143, S. 614-619; § 145, S. 623-625; § 146, S. 625-630; § 147, S. 630-634.
  • Max Kaser/Karl Hackl: Das Römische Zivilprozessrecht: Verlag C. H. Beck, München 1996, 2. Auflage, ISBN 3-406-404901, § 1, S. 1-12; ,§ 20, 131-145; § 42, S. 295-301, § 43, S. 304-306; § 45, S. 317-320; § 47, S. 326-334; § 54, S. 372-373.
  • Max Kaser: Römische Rechtsgeschichte. 2. neubearbeitete Auflage. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1976, ISBN 3-525-18102-7, § 29, S. 121–128; § 32, S. 138-143; § 33, S. 144-147.

Quellen

http://de.wikipedia.org/wiki/P%C3%B6nalklage 10.12.2014

Lizenzinformation zu diesem Artikel

Dieser Artikel basiert auf dem in den Quellen angeführten Wikipedia-Artikel, verfügbar unter der LizenzCC BY-SA 3.0“.

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