Was bedeutet Nötigung?
Der Straftatbestand der Nötigung ist im Strafrecht im § 105 StGB geregelt. Strafbar ist die Nötigung eines anderen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung durch Gewalt oder durch gefährliche Drohung. Die Strafdrohung beträgt bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe.
Bei der Nötigung handelt es sich um einen sehr weiten Straftatbestand der sehr oft auch im Familien (etwa im Zuge von Ehestreitigkeiten) – und Freundeskreis oder auch im Straßenverkehr (leichtfertig) begangen wird.
Tatbestand
Die Nötigung ist ein zweiaktiges Delikt. Der 1. Akt besteht in der Gewalt oder mit der gefährlichen Drohung; der 2. Akt besteht aus einer Handlung, Duldung oder Unterlassung.
Die Nötigung ist ein Delikt gegen die Freiheit, genau gesagt, gegen die Willensfreiheit.
Die gefährliche Drohung ist in der Legaldefinition des § 74 Abs. 1 Z 5 StGB beschrieben.
Eine Nötigung ist vollendet, sobald das Opfer mit der Handlung, Duldung oder Unterlassung beginnt; widersetzt sich das Opfer erfolgreich, dann sollte ein möglicher Versuch gemäß § 15 StGB geprüft werden.
Rechtswidrigkeit
Die Tat ist jedoch nicht rechtswidrig, wenn die Anwendung der Gewalt oder Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet. Diese Ausnahme von der Strafbarkeit bildet einen Rechtfertigungsgrund und dient dazu, Drohungen von der Strafbarkeit auszunehmen, die von der Rechtsordnung als nicht verwerflich anzusehen sind.
Was bedeutet Gewalt iSd § 105 StGB?
Gewalt in diesem Sinne bedeutet eine nicht unerhebliche physische Krafteinwirkung, die darauf abzielt den Willen der genötigten Person zu beugen.
Der oberste Gerichtshof hält hierzu bereits 1960 fest (Ris – Justiz, RS0093700):
„Es genügt eine Gewalt, die wohl geeignet ist, den Willen des Angegriffenen zu beugen, aber nicht die Unfähigkeit herbeiführt, den Willen überhaupt zu betätigen.“
Dabei spielt es keine Rolle wie das Opfer auf die Anwendung von Gewalt “reagiert”, oder ob es die Gewalt als solche überhaupt wahrnimmt. Die Krafteinwirkung muss nur darauf gerichtet sein den Widerstand der Person zu brechen.
Siehe hierzu auch ausführlicher der oberste Gerichtshof (Ris – Justiz, RS0093620):
„Zur Erfüllung des Tatbestandes der Nötigung bedarf es keiner besonders qualifizierten Gewalt. Es genügt vielmehr die Anwendung nicht unerheblicher physischer Kraft, wodurch ein tatsächlicher oder erwarteter Widerstand übernommen werden soll, d. h. mit anderen Worten: die Einsetzung nicht ganz unerheblicher körperlicher Kraft zum Zweck der Willensbeugung. Dass das Opfer die Gewalt als solche empfindet ist nicht nötig. „
Wie hoch ist die Strafe?
Die Nötigung ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen bedroht. Sie fällt aufgrund der Sonderzuständigkeit des Tatbestands in die Zuständigkeit der Landesgerichte für Strafsachen.
Qualifikation: Was ist eine schwere Nötigung?
Im § 106 StGB ist als Qualifikation des § 105 StGB die Schwere Nötigung geregelt. Mit strengeren Strafdrohungen sind Nötigungen bedroht, die entweder den Genötigten zu einer besonders verwerflichen Handlung nötigen oder eine besonders schlimme Folge verursachen. Der Strafrahmen erhöht sich auf mindestens sechs Monate bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, wenn
- mit dem Tod, mit einer erheblichen Verstümmelung oder einer auffallenden Verunstaltung, mit einer Entführung, Brandstiftung, Gefährdung durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel oder mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz oder gesellschaftlichen Stellung gedroht wird;
- die genötigte oder eine andere Person, gegen die sich die Gewalt oder gefährliche Drohung richtet, durch diese Mittel längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wird oder
- die genötigte Person zur Eheschließung, zur Prostitution oder zur Mitwirkung an einer pornographischen Darbietung (§ 215a Abs. 3 StGB) oder sonst zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung veranlasst, die besonders wichtige Interessen der genötigten oder einer dritten Person verletzt wird.
Hat die Nötigung den Selbstmord oder einen Selbstmordversuch des Opfers oder einer anderen Person, gegen die sich die Gewalt oder gefährliche Drohung richtet, zur Folge, so erhöht sich die Strafandrohung auf mindestens ein bis zu maximal zehn Jahren Freiheitsstrafe. Mit der gleichen Strafe ist bedroht, wer eine Nötigung zur Prostitution oder zur Mitwirkung an einer pornographischen Darbietung gegen eine unmündige Person, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, unter Anwendung schwerer Gewalt oder so begeht, dass durch die Tat das Leben der Person vorsätzlich oder grob fahrlässig gefährdet wird oder die Tat einen besonders schweren Nachteil für die Person zur Folge hat.